Einladung zum Urlaub mit Einschränkungen

Berliner möchten statt ins Ausland nach Brandenburg reisen - der hiesigen Tourismusbranche macht das ein wenig Hoffnung

Die Nachricht stützt sich nicht auf eine repräsentative Befragung. Sie klingt aber plausibel. Die thematica GmbH betreibt zehn Internetseiten, über die 15 000 Hotels gebucht werden können. Sie meldete, an den Suchanfragen sei ablesbar, dass sich die Bundesbürger von Reisezielen im Ausland auf solche im Inland umorientieren. Die Berliner interessieren sich demnach nun verstärkt für einen Urlaub in Bayern, an der Ostsee oder in Brandenburg.

Kein Wunder, Flugreisen werden in diesem Sommer wegen der Coronakrise bestimmt nicht möglich sein. Experten schätzen, dass sich das Geschäft mit Fernreisen erst 2023 normalisiert.

Den möglichen Ansturm im Sommer bezeichnete Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) am Mittwoch im RBB-Inforadio als Chance. Er sagte: »Da heißen wir jeden willkommen. Trotzdem wird diese Einladung mit Einschränkungen verbunden sein.« Dass die Badeseen total gesperrt werden, könne er sich nicht vorstellen. Aber, dass man versucht, die Mengen zu steuern und die Zugangswege zu kontrollieren, um die Belastung an den Seen in den Griff zu bekommen. Doch zunächst gehe es noch darum, Hotels und Gaststätten erst einmal über die Zeit zu retten, wie Steinbach erklärte. »Denn im Augenblick ist die Situation komplett null.«

In Not befinden sich auch die 1500 Reisebüros in Brandenburg mit ihren insgesamt 3500 Mitarbeitern. Sie machen gewöhnlich 1,5 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Damit ist es jetzt Essig. Am Mittwoch machten Reisebüros auf dem Alten Markt in Potsdam auf ihre Situation aufmerksam. Sie forderten ein »bedingungsloses Unternehmereinkommen in Höhe von 1000 Euro für zwölf Monate, wenn coronabedingt substanzielle Umsatzeinbrüche von mindestens 50 Prozent nachweisbar sind«, wie Katharina Rufledt von der Reiseagentur Rufledt mitteilte. Nur 20 Büros waren wegen der gegenwärtigen Beschränkung der Demonstrationsfreiheit zugelassen. Die restlichen waren symbolisch mit Koffern vor Ort, erklärt Rufledt.

Derweil klingt die erste Welle der Corona-Epidemie offenbar ab. 2860 Brandenburger haben sich bislang mit dem Virus infiziert, 2010 von ihnen gelten bereits als wieder genesen. Mit 114 Infizierten pro 100 000 Einwohnern liegt Brandenburg deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 191, die Stadt Potsdam allerdings liegt mit dem Wert 329 weit darüber. 137 infizierte Brandenburger sind gestorben, 142 liegen im Krankenhaus, 22 müssen beatmet werden.

Das sei im Vergleich mit den vergangenen Tagen ein »Tiefstand« und »erfreulich«, sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Mittwoch im Sozialausschuss des Landtags. An der Brandenburg-Klinik in Bernau, die mit einem massiven Corona-Ausbruch zu kämpfen hatte, scheine sich die Lage zu entspannen, hat die Ministerin gehört. Nächste Woche könne diese Klinik vielleicht wieder »ans Netz« gehen.

Seit Mitte März wurden die Beatmungsplätze an brandenburgischen Krankenhäusern von 531 auf 886 aufgestockt, doch derzeit sind lediglich 22 mit Corona-Patienten belegt. Auch sonst sind die vorsorglich frei gemachten Betten kaum ausgelastet. Das Gesundheitsressort empfiehlt nun, hinausgezögerte Operationen vorzunehmen. Sonst könnte es noch zu der absurden Situation kommen, dass das Krankenhauspersonal in Kurzarbeit geschickt wird. Doch allein diese Idee wies Nonnemacher weit von sich.

25 Prozent der Beatmungskapazitäten sollen weiterhin für Corona-Patienten reserviert bleiben, und es soll gesichert sein, dass innerhalb von 48 bis 72 Stunden auch wieder mehr Beatmungsplätze für sie zur Verfügung gestellt werden können.

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