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»Wir lassen uns nicht unterkriegen«

Wie geht es weiter mit den nd-Leserreisen und unseren Reisepartnern?

  • Heidi Diehl
  • Lesedauer: 7 Min.

Was wird aus dem Sommerurlaub? Viele fragen sich das in diesen Tagen, seit Corona alle Pläne zunichtegemacht hat. Seit sechs Wochen heißt es: »Bleib zu Hause« statt: »Entdecke die Welt.« Niemand kann derzeit sagen, wie lange dieser Zustand noch anhält, wenngleich es erste Lockerungen der Bewegungseinschränkungen gibt. Doch selbst wenn die Bundesregierung am 4. Mai beschließen sollte, dass wir wieder reisen dürfen, werden die meisten Urlaubsziele in diesem Jahr wohl vor allem zwischen Ostseeküste und Alpen liegen. Denn, so Bundesaußenmister Heiko Maas (SPD): Internationaler Urlaub wird auf absehbare Zeit nicht möglich sein. Es gebe »keinen einzigen Hinweis«, dass die weltweite Reisewarnung aufgehoben werden könnte, sagte er am 21. April. Und fügte entschlossen hinzu, dass es keine weitere große Rückholaktion der Bundesregierung geben werde. Am 29. April entschied das Bundeskabinett, die weltweite Reisewarnung vorerst bis zum 14. Juni zu verlängern.

Harte Zeit für Reiseveranstalter

Die Tourismusindustrie ist seit Mitte März komplett zusammengebrochen. Die meisten bis Ende Mai gebuchten Reisen wurden erst einmal storniert; neue Buchungen sind bei den Reiseveranstaltern frühestens ab dem Spätsommer möglich. Und noch steht in den Sternen, ob diese Reisen dann stattfinden können. Die unsichere Situation lastet schwer auf den Unternehmen. Nicht wenige von ihnen bangen um ihre Existenz. Wie der EU-Industriekommissar Thierry Breton vor zehn Tagen vor den Abgeordneten des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments sagte, sei die Branche »der am stärksten getroffene Sektor« in der Coronakrise und in Europa gleichzeitig einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Er stehe mit rund drei Millionen Unternehmen in der EU für elf Prozent der Wirtschaftsleistung und zwölf Prozent der Beschäftigten. Nach Bretons Schätzungen kostet die Pandemie Europa jeden Monat eine Milliarde Euro an Verlusten. Er brachte sogar die Notwendigkeit eines »Marshall-Plans« in die Diskussion, um der europäischen Tourismusindustrie zu helfen.

Wie dramatisch die Situation in Deutschland ist, zeigt eine am 26. April veröffentlichte Umfrage des Deutschen Reiseverbandes (DRV) unter seinen Mitgliedern: Zwei von drei touristischen Unternehmen bewerten demnach ihre Situation so dramatisch, dass sie sich unmittelbar von einer Insolvenz bedroht sehen. 80 Prozent haben bereits bei der Bundes- bzw. Landesregierung finanzielle (Überlebens-)Hilfen beantragt, und drei Viertel der Unternehmen sind schon in Kurzarbeit.

Neue Konzepte für nd-Leserreisen

Auch in der Leserreisenabteilung von »neues deutschland« sieht die Situation schlecht aus. 220 Reisen in alle Welt listet der Ende des vergangenen Jahres herausgegebene Reisekalender für 2020 auf. Viele Leserinnen und Leser hatten darauf sehnsüchtig gewartet und schnell gebucht. Bis zum 11. März, als die weltweite Reisewarnung in Kraft trat, lagen bereits für 112 Reisen 640 Buchungen vor. 18 Reisen mit 195 Teilnehmern konnten bis zu diesem Zeitpunkt zum Glück schon stattfinden; die letzte startete am 10. März nach Südvietnam, wo die Teilnehmer von der Coronakrise eingeholt wurden. Wie es ihnen erging, darüber erzählte Reiseleiter Thomas Billhardt ausführlich in der letzten Ausgabe von »nd.Commune«. Ein Brief dazu verdeutlicht, wie sehr die Leser mit ihrem nd-Reisebüro verbunden sind. Gisela Strobel aus Chemnitz und Christa Zernick aus Mellensee schrieben: »Obwohl wir der diesjährigen Reisegruppe nach Vietnam mit Thomas Billhardt nicht angehörten, waren wir, Mitglieder der Reisegruppe von 2019, mit dem Herzen dabei. Wir haben der Gruppe für erlebnisreiche Tage trotz der sich anbahnenden Corona-Probleme die Daumen gehalten und hofften auf eine gute Rückreise für alle.«

Wie Frank Diekert, Verantwortlicher für die nd-Leserreisen, sagt, ist die Situation derzeit sehr angespannt. Alle Reiseunternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, haben sämtliche Reisen bis Ende Mai storniert. Finanziell bedeutet das auch für »nd« sehr große Verluste. 2019 erzielte die Zeitung mit Leserreisen einen Umsatz von ca. 130 000 Euro. Das ist 2020 schwer zu erreichen - wie das Jahr abgeschlossen wird, darüber könne man nur spekulieren. Frank Diekert ist aber dabei, neue Konzepte für die zweite Jahreshälfte für hoffentlich dann mögliche Inlandsreisen zu erarbeiten. Er würde sich freuen, wenn Sie, liebe Reisegemeinde, ihm dabei helfen: Teilen Sie ihm mit, in welchen Ecken unseres schönen Landes Sie unbedingt einmal Urlaub machen möchten!

Rita Schulz aus Falkensee, die schon 56 Mal mit »nd« auf Tour war, hat da ein paar Ideen: »Der Spreewald würde mich genauso interessieren wie eine Reise in die Sächsische Schweiz oder das Oderbruch. Auch die Uckermark wollte ich mir schon immer mal anschauen, und eine länge Harzreise würde ich auch gern machen. Auch in Zukunft werde ich auf jeden Fall weiter den nd-Leserreisen treu bleiben.« Sie ist zwar traurig, dass nach der Andalusien-Reise, die sie im März gerade noch so erleben konnte, die weiteren - vier hatte sie für 2020 bereits gebucht - ausfallen oder erst einmal auf Eis gelegt wurden. Doch Rita Schulz sieht die Sache pragmatisch: »Die Tour mit Michael Müller nach Albanien, die im April sein sollte, wurde erst einmal auf September umgebucht. Also fahre ich, wenn es dann möglich ist, eben im Herbst. Tartastan im Mai wurde abgesagt, also hoffe ich aufs nächste Jahr. Allerdings bleibe ich optimistisch, dass das nd-Leserreisetreffen wie geplant vom 16. bis 19. Oktober in Szczecin stattfinden wird.«

Darauf hofft auch Frank Diekert, und er ruft der Reisegemeinde zu, sich möglichst schnell für das Leserreisetreffen anzumelden. »Bis zum 11. März lagen erst 34 Buchungen vor, wir brauchen aber mindestens 130, damit die Reise nach Szczecin überhaupt stattfinden kann. Die Mindestteilnehmerzahl vorausgesetzt, bleiben wir optimistisch, dass wir die schöne Tradition nicht im 23. Jahr wegen Corona ausfallen lassen müssen.«

Erste Sommerangebote

Auch die Reiseveranstalter, mit denen »nd« zusammenarbeitet, »stricken« an neuen Konzepten und hoffen, dass sie einigermaßen durch diese schwierige Zeit kommen. Wie Cornelia Zelenski, Geschäftsführerin von GR Reisen gegenüber »nd« sagte, sind auch bei dem Neustrelitzer Reiseunternehmen derzeit alle Kollegen in Kurzarbeit. »Uns bleibt gar nichts weiter übrig, als auf Sparflamme zu fahren. Doch wir lassen uns nicht unterkriegen und werden den Kopf nicht in den Sand stecken«, gibt sie sich kämpferisch. Derzeit überlege man, wie man sich nach der Krise neu ausrichten könne.

Insbesondere in Hinsicht auf die zunächst zu erwartenden Lockerungen im Deutschland-Reiseverkehr gibt es schon erste buchbare Angebote für den Sommer, so das Programm »Aktiv in der Residenzstadt Neustrelitz«. Es beinhaltet neben drei Übernachtungen einen von einem Sportwissenschaftler begleiteten eintägigen Laufkurs für Einsteiger, eine individuelle Ernährungsberatung, eine Stadtführung und die Möglichkeit, sich ein Rad auszuleihen. Sowohl die eigene Anreise als auch die maximale Gruppengröße von zwölf Personen gewährleisten den nötigen Abstand trotz Gemeinsamkeit. Ein anderes bereits buchbares Angebot für den Sommer richtet sich an Wander- und Fahrradtouristen und führt für vier Tage in die Einsamkeit des Müritz-Nationalparks. In den nächsten Wochen und Monaten sollen weitere Angebote auf der Website eingestellt werden, und so manche Tour wird sich möglicherweise als nd-Leserreise wiederfinden. Wie Cornelia Zelenski sagte, will man - sofern es die Krisensituation zulässt - auch auf individuelle Wünsche der Kunden eingehen und maßgeschneiderte Programme zusammenstellen. Entsprechende Wünsche können selbstverständlich auch über die nd-Leserreisenabteilung in Auftrag gegeben werden.

Anders als GR Reisen hat der Leipziger Reiseveranstalter JTW alle für das Jahr 2020 konzipierten Reisen storniert. Wie Sonja Gudlowski, Verbindungsfrau von JTW zu nd-Leserreisen, sagte, habe man sich dazu entschieden, weil die meisten Angebote des Veranstalters speziell in jene Regionen Europas führen, die am schlimmsten von der Pandemie betroffen sind - Südtirol oder Sizilien zum Beispiel. So schwer die Entscheidung auch gefallen sei, aus Verantwortung für die Kunden, die zum großen Teil zur Risikogruppe gehören, habe man sich zu diesem Schritt entschlossen. Derzeit arbeite man mit den Partnern vor Ort bereits an Programmen für 2021, so Sonja Gudlowski. Alle, die schon gebucht hatten, bekommen ihr Geld zu 100 Prozent zurück, verspricht sie. Derzeit sei man bei der Rückabwicklung der Buchungen. Sie bedankte sich dafür, dass bisher alle Kunden sehr großes Verständnis für die Situation des Unternehmens zeigten und viele versicherten, ihm auch künftig die Treue zu halten.

Welche Lockerungen die Bundesregierung auch immer am kommenden Montag beschließen wird: Die Reiseveranstalter und nd-Leserreisen sind vorbereitet und hoffen, dass der Sommerurlaub trotz nicht zu vermeidender Einschränkungen auch 2020 für alle zur schönsten Zeit des Jahres wird. Es muss ja nicht immer Mallorca oder Bali sein, Deutschland hat genug tolle Ecken, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.

Über nd-Leserreisen werden Sie ausführlich informiert von Frank Diekert:
Tel.: (030) 2978-1620,
E-Mail: leserreisen@nd-online.de
Oder Sie schreiben an:
nd-Leserreisen,
Franz-Mehring-Platz 1,
10243 Berlin.

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