Covid-19 in Fleischereien

Schlachthof im Norden schließt - im Süden wird weiterproduziert

  • Lesedauer: 2 Min.

Bad Bramstedt. Erstmals hat in Deutschland ein Schlachthof seine Produktion eingestellt, weil viele seiner Beschäftigten mit dem Coronavirus infiziert sind. Der Vion-Schlachthof in Bad Bramstedt (Schleswig-Holstein) hat seine rund 260-köpfige Belegschaft in außerplanmäßige Betriebsferien geschickt. Es ist nach Müller-Fleisch in Birkenfeld (Baden-Württemberg) der zweite Schlachtbetrieb, der einen Corona-Hotspot bildet.

In beiden Fällen sind osteuropäische Arbeitskräfte mit Werksverträgen die Hauptbetroffenen. Ihre spartanischen Wohnverhältnisse mit Mehrbettzimmern, gemeinsamen sanitären Anlagen und oft nur einer einzigen Kochstelle zeigen sich in einer Pandemie als hochgefährlich. In Birkenfeld sind seit Ostern 300 Rumänen positiv getestet. Für alle wurde Quarantäne verordnet. Noch nicht Infizierten bleibt nur noch gestattet, sich daheim, am Arbeitsplatz oder auf der Wegstrecke dazwischen aufzuhalten.

In Schleswig-Holstein wurden bis zum Wochenende 49 positive Corona-Tests bei Rumänen und Albanern registriert, aber noch liegen nicht alle Testergebnisse vor. Betroffen ist eine im benachbarten Kreis Steinburg von den Osteuropäern bewohnte ehemalige Kasernenanlage. Dort wurden alle 108 Bewohner unter Quarantäne gestellt. Zweimal täglich werden sie nun untersucht. Die meisten positiv Getesteten haben schwache oder gar keine Krankheitssymptome.

Dass der Betrieb von Müller-Fleisch mit seinen insgesamt 1100 Mitarbeitern anders als im Fall Vion weiterläuft, löst bei Beobachtern Verwunderung aus. Als Schlachtbetrieb zählt er aber zur sogenannten kritischen Infrastruktur. Die Firmenleitung verweist auf strenge Hygienemaßnahmen und das Tragen von FFP2-Masken. Befragt nach den schlechten Behausungen der Beschäftigten, verweist Müller-Fleisch auf die Verantwortung der Subunternehmer, bei denen die Werkverträge unterschrieben werden. Nach kritischer Berichterstattung über die Wohnbedingungen in Gemeinschaftsunterkünften hat der Fleischfabrikant mittlerweile angekündigt, sich an den Unterbringungskosten für infizierte Osteuropäer beteiligen zu wollen - auch wenn man dies wegen der Verantwortung der Subunternehmer nicht müsse. dha

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