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Vorhersehbare Trennung

Die Deutsche Triathlon Union beendet die Zusammenarbeit mit Faris Al-Sultan. Der Bundestrainer ist zuvor mit wirren Wortmeldungen aufgefallen

  • Nicolas Reimer, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.

Faris Al-Sultan verspürte mal wieder ein dringendes Mitteilungsbedürfnis. »Ich möchte klarstellen«, schrieb er also auf seiner neuen Lieblingsplattform Twitter, »dass ich nicht gefeuert wurde, weil ich meine persönliche Meinung kundgetan habe«. Die offizielle Erklärung der Deutschen Triathlon Union (DTU) über das Ende der gemeinsamen Zusammenarbeit am 30. September 2020 war da gerade einmal wenige Sekunden alt.

Und tatsächlich verlor der Verband darin am Montag kein Wort über die verwirrenden und kritischen Aussagen, die der Bundestrainer Elite in den vergangenen Wochen fast täglich in Bezug auf die Corona-Pandemie getätigt hatte. Vielmehr seien »unterschiedliche Vorstellungen über die weitere Zusammenarbeit« der Grund für die längst überfällige Demission und die vorzeitige Auflösung des bis Jahresende gültigen Vertrags gewesen.

Al-Sultan behauptete sogar, dass er selbst bereits »am 26. März auf den DTU-Direktor zugegangen« sei und diesen informiert habe, nach der Saison aufzuhören. Ob das stimmt? Reine Spekulation. Die Trennung war jedenfalls spätestens seit dem 14. April alternativlos, weil Al-Sultans Leserbrief an das Nachrichtenmagazin »Spiegel« auch auf die DTU ein schlechtes Licht warf. »Ich schäme mich für eine Bundeskanzlerin«, schrieb der gebürtige Münchner darin unter anderem über den Umgang der deutschen Regierung mit der Coronakrise, »die wider aller Fakten etwas vom Verlust der Liebsten faselt, statt auf die organisatorische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft hinzuweisen, um sämtliche Probleme mit Vernunft anzugehen«.

Der 42-jährige Al-Sultan scheint einer von vielen Unzufriedenen in diesen unangenehmen Zeiten zu sein - in einer Reihe von Personen des öffentlichen Lebens, die von Verschwörungstheoretikern wie Xavier Naidoo und Attila Hildmann angeführt wird. Auch der ehemalige Ironman-Weltmeister Al-Sultan verstörte mit grenzwertigen Aussagen. Er zog in seinem Brief auch Vergleiche mit der NS-Zeit, als er etwa von einem Volk sinnierte, das »immer noch die Hände an die Hosennaht legt und ›Jawohl mein Führer!‹« schreie. Oder in ihm »dunkle Erinnerungen an bloße Befehlsempfänger« geweckt würden. Die DTU hatte sich umgehend von diesen Aussagen distanziert und schon damals angedeutet, dass sich die Wege früher oder später trennen sollten. Am Montag aber gab der Verband dennoch an, dass die Entscheidung nicht mit den Äußerungen des Bundestrainers im Zusammenhang stehe.

Faris Al-Sultan ist binnen weniger Monate jedenfalls einen weiteren Job los. Im vergangenen November hatte der zweimalige Hawaii-Sieger Patrick Lange die Zusammenarbeit mit ihm beendet. Er hatte sich ab diesem Zeitpunkt voll und ganz auf seine Aufgabe bei der DTU konzentrieren können, die Athleten aus dem Elitekader auf Olympia vorbereiten sollen. Mit der Mixed-Staffel sicherte er im vergangenen Sommer mit Silber bei den Heim-Weltmeisterschaften in Hamburg eine frühe Qualifikation für die Olympischen Spiele.

»Er hat in seiner Zeit einige neue Impulse und Ideen in den Verband eingebracht«, ließ die DTU am Montag wissen. Seine Ansichten als Privatperson wurden ihm allerdings zum Verhängnis - auch wenn Al-Sultan das anders sieht. SID/nd

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