Banken senken Dispozinsen

Dispo - wenn man das Konto überzogen hat

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Regelmäßig überzieht einer von zehn Bankkunden sein Gehaltskonto. Oskar Lafontaine sind das nicht genug. Wegen der Corona-Krise und des befürchteten Wirtschaftseinbruchs fordert seine Linksfraktion im saarländischen Landtag die Sparkassen auf, ihre »Dispo«-Zinsen deutlich zu senken. »Die Zahl derjenigen, die wegen der wirtschaftlichen Krise in den Dispo rutschen, wird deutlich steigen«, erklärte Fraktionschef Lafontaine.

Sparkassen sind per Gesetz im besonderen Maße der Allgemeinheit verpflichtet. Ein Weg dazu ist der von der Linksfraktion bereits 2010 und danach immer wieder eingebrachte Entwurf für eine Änderung des Sparkassen-Gesetzes. Er sieht vor, dass die Dispozinsen auf maximal fünf Prozent über dem Leitzinssatz (zurzeit 0,0 Prozent) festgeschrieben werden.

Die Zinshalbierer

Tatsächlich machte die Sparkasse Frankfurt am Main im April den Vorreiter und halbierte ihre Dispozinsen von 10,49 auf 4,99 Prozent. Auch die Sparkasse Neubrandenburg-Demmin hat für ihre Kunden die Zinsen bei Kontoüberziehungen fast halbiert. Bis Ende Juni (2020) begnügt sie sich mit einem Zinssatz von 5,99 Prozent pro Jahr, teilte das Kreditinstitut mit. Damit solle Privatkunden geholfen werden, deren Girokonto sich aktuell in der Überziehung befände und denen daraus resultierend entsprechende Kosten entstünden.

Bundesweit kassieren viele Sparkassen und Banken für einen sogenannten Dispositionskredit (»Dispo«) weiterhin deutlich höhere Zinssätze. Durchschnittlich beträgt nach Angaben der Finanzberatung FMH der Dispozins 9,24 Prozent, in der Spitze reicht er sogar bis zu 12,43 Prozent. Und bei einer »ungenehmigten Überziehung« kann es für die Kunden noch teurer werden als beim regulären Dispo.

In jedem Fall ist der Überziehungskredit im Vergleich mit anderen Kreditarten besonders teuer. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hat dies bislang mit dem Hinweis gerechtfertigt, dass der Dispo für das Kreditinstitut »ein teures Instrument« sei. Das Kreditinstitut müsse das Geld permanent vorhalten, um schnell und flexibel reagieren zu können, wenn der Kunde den Dispo in Anspruch nehmen will. Außerdem müssten Banken grundsätzlich all ihre zugesagten Kredite (also die maximale Höhe des dem Kunden eingeräumten Dispo) mit ausreichend und teurem Eigenkapital unterlegen, selbst wenn diese womöglich gar nicht in voller Höhe ausgeschöpft werden. Und Kreditinstitute hätten es bei Dispo- und ungenehmigten Überziehungskrediten mit vergleichsweise hohen Ausfallraten zu tun, ergänzt der Sparkassenverband DSGV. Deshalb müsse der Dispo-Zinssatz bei einer angemessenen betriebswirtschaftlichen Kalkulation deutlich höher ausfallen als bei anderen Kreditarten.

Alternative: Ratenkredit

Bankkunden sollten also lieber zur Selbsthilfe greifen und erst einmal genau rechnen: Nicht jeder Dispo ist notwendig - nicht immer ist ein Ratenkredit angesagt. Wird nur vorübergehend und kurzzeitig Geld benötigt, ist der Dispo meist erste Wahl. Denn Dispositionskredite dienen der Überbrückung kurzfristiger finanzieller Engpässe.

Beispiel: Wer sein Konto mit 1000 Euro für eine Woche überzieht, zahlt bei einem angenommenen Dispozins von 12 Prozent gerade einmal knapp 2,50 Euro.

Ist jedoch ein größerer Geldbetrag und für längere Zeit notwendig, sollte man mit seiner Bank oder Sparkasse möglichst früh über eine Alternative sprechen. Möglicherweise kann man seinen Rückstand aus dem Dispo in einen günstigeren Ratenkredit umschulden und so Zinsen sparen. Oder Kunden nutzen von vorn herein ein günstigeres Kreditangebot.

Ratenkredite heißen auch Konsumentenkredit, Anschaffungsdarlehen oder Verbraucherdarlehen. Der Ratenkredit ist ein Darlehen, das die Bank in einer Summe auszahlt und welches der Kunde in gleichbleibenden monatlichen Beträgen (»Raten«) zurückzahlen muss. Vor der Auszahlung werden zwischen Bank und Kunde der Zinssatz und die Anzahl der Monatsraten festgelegt. Die Raten enthalten die Tilgung des Darlehens, die Zinsen und mögliche Gebühren, die das Kreditinstitut zusätzlich erhebt.

Dabei unterscheiden die meisten Banken zwischen bonitäts­unabhängigen und bonitäts­abhängigen Konditionen.

Bonitäts­unabhängig bedeutet, dass für alle kreditwürdigen Kunden der gleiche Zins gilt; bei bonitäts­abhängigen Angeboten legt die Bank den Zinssatz individuell für den Kunden fest: Je besser dessen Bonität (»Kreditwürdigkeit«) von der Bank eingeschätzt wird, umso günstiger wird der Kredit.

Unterm Strich ergibt sich ein Effektivzinssatz, den Verbraucher mit dem Dispozins vergleichen können. Was dieser Zins in Heller und Pfennig bedeutet, können Sie auf der Internetseite der Stiftung Warentest kostenlos nachrechnen lassen (Suchbegriff: »Die besten Darlehen für Sie«). Dort finden Sie auch eine Übersicht über die genauen Angebote von fast hundert Banken und Sparkassen. Dieser Service kostet 2 Euro.

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