Chefankläger im zweiten Anlauf

900 Polizisten und Zollbeamte durchsuchten umsonst das größte Berliner Bordell Artemis. Menschenhandel und Beschiss bei Sozialabgaben lautete der Vorwurf. Doch es kam nichts Zählbares heraus. Dieser Misserfolg im Jahr 2016 haftet dem für die Razzia verantwortlichen Oberstaatsanwalt Andreas Behm noch immer an. Jetzt soll er Generalstaatsanwalt in Brandenburg werden. Diesem Personalvorschlag von Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) stimmte das rot-schwarz-grüne Kabinett am Dienstag zu.

Hoffmann war selbst Generalstaatsanwältin, bevor sie 2019 zur Justizministerin ernannt wurde. Seitdem war der Posten vakant. Hoffmann hatte ihn nur ein paar Monate inne. Sie beerbte erst im Juni 2019 den verdienten alten Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg. Der war in den Ruhestand getreten und erlag bald darauf einem Krebsleiden. Behm wollte damals schon Generalstaatsanwalt werden. Die Unterstützung der SPD hatte er, konnte sich aber mit seiner Bewerbung gegen die höher qualifizierte und besser beurteilte Hoffmann nicht durchsetzen. Nun klappt es doch noch für den Mann, der aus Schleswig-Holstein stammt.

»Ich persönlich habe Zweifel, ob er der geeignete Kandidat ist«, sagt Linksfraktionschef Sebastian Walter. »Wir wären gut beraten, weiter zu suchen.« Die Stelle sollte nicht nach politischen Interessen besetzt werden. CDU-Fraktionschef Jan Redmann findet dagegen nur, dass es unfair gewesen wäre, wenn Behm einst unter Rot-Rot mit politischer Rückendeckung Hoffmann übertrumpft hätte. Doch das Ergebnis der Ausschreibung jetzt gelte es »zu akzeptieren und nicht zu kritisieren«.

SPD-Fraktionschef Erik Stohn hält der Linken vor, diese selbst habe doch Behm 2016 als Abteilungsleiter für den Strafvollzug ins Potsdamer Justizministerium geholt - konkret war es Justizstaatssekretär Ronald Pienkny. Dort war man dann allerdings unzufrieden mit Behm, weil er das linke Resozialisierungskonzept nicht mit Leben erfüllt habe, heißt es. Persönlich sei er angenehm, aber als Generalstaatsanwalt ungeeignet.

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