K-Pop-Szene flutet rechte Hashtags

Protest auf Twitter

  • Vanessa Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Poppige Beats und durchgestylte Sänger*innen, die ihre makellosen Körper dazu bewegen. Die Choreografie sitzt auf die Millisekunde genau. Eine Plastikwelt? Dass K-Pop weitaus mehr ist als das, haben Fans der südkoreanischen Popmusik in den vergangenen Tagen bewiesen.

In Deutschland überfluteten sie in den sozialen Medien den Hashtag rassismusgegendeutsche mit Videos und Bildern ihrer Idole. Dabei hatten auch zahlreiche andere Nutzer*innen darauf hingewiesen, dass es »Rassismus gegen Deutsche« zwar gibt, etwa gegen Schwarze Deutsche oder People of Color, dass aber ein »Rassismus gegen Deutsche«, wie ihn die AfD und andere Rechte unter dem Hashtag verstanden wissen wollen, natürlich nicht existiert. Denn wenn die AfD von Deutschen spricht, meint sie weiße Deutsche. Das alleine ist schon rassistisch.

Dass den rechten Stimmen unter diesem Hashtag dann am Ende aber tatsächlich Öffentlichkeit und Reichweite flöten gingen, liegt zum Großteil am Engagement der K-Pop-Stans. Das Wort »Stan« setzt sich aus »Stalker« und »Fan« zusammen und wird in der Szene selbstironisch benutzt. Zuvor hatte die Fan-Community die Strategie des Überflutens bereits auf den Hashtag WhiteLivesMatter angewendet, der nach dem rassistischen Mord an George Floyd zwischenzeitlich neben BlackLivesMatter auf Twitter oft benutzt wurde. Die K-Pop-Stans zeigten auch der Polizei in Dallas den virtuellen Mittelfinger. Diese hatte dazu aufgerufen, Video- und Fotomaterial von den Protesten zur Identifizierung von Personen hochzuladen. Auch diesen Kanal überspülten die Fans mit Videos, bis die Polizei das Hochladen unterband.

Im Westen zeigten sich viele überrascht über das politische Engagement der K-Pop-Szene. Dabei ist sie »eine progressive und politisch bewusste Community«, wie Hyunsu Yim, der für den »Korea Herald« über K-Pop schreibt, auf Twitter erklärte. Viele Medien in den USA und Europa würden immer noch mit einem sehr westlichen Blick auf K-Pop schauen, so Yim. Tatsächlich machte K-Pop hierzulande bisher eher mit Knebelverträgen, sexuellen Übergriffen und in den Suizid »getriebenen« Pop-Sternchen von sich reden. Das Musikgenre, das sich in den 90er Jahren in Südkorea etabliert hatte und in vielen asiatischen Ländern populär wurde, gelangte erst durch das Internet und Videoplattformen in den Westen. Besondere Popularität erlangte der Rapper Psy mit seinem Song »Gangnam Style«, der es im Dezember 2012 mit einer Milliarde Likes als das beliebteste Youtube-Video ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte. Vor allem bei der Boyband BTS, über die 2017 häufiger getwittert wurde als über Donald Trump und Justin Bieber zusammen, spielt Politik immer wieder eine Rolle: Die Band hat mehrfach die südkoreanische Regierung kritisiert. Und der Black-Lives-Matter-Bewegung spendete sie kürzlich eine Million US-Dollar.

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