Zum Schutz der Bauern

Bundesregierung erleichtert Einreise von Saisonarbeitskräften. Regelungen zu Arbeitsbedingungen vage

Wenn ab kommendem Dienstag die EU ihre Binnengrenzen wieder öffnet, können auch Saisonarbeitskräfte wieder auf dem Landweg einreisen. Die Beschränkung auf eine Einreise per Flugzeug entfällt mit dem 16. Juni - es gelten aber weiterhin Schutzvorgaben wegen der Corona-Pandemie. Die Lockerungen lassen die Bauern hoffen, dass sich in den nächsten Monaten mehr Saisonarbeitskräfte aus EU-Ländern auf den Weg machen, um für die Deutschen Spargel, Erdbeeren oder Gurken zu ernten. Denn obwohl nach einer Sondergenehmigung trotz der Corona-Reisebeschränkungen 80 000 Saisonarbeitskräfte mit dem Flugzeug hätten einreisen dürfen, haben bisher laut Landwirtschaftsministerium nur circa 39 000 Saisonarbeiter diese Möglichkeit genutzt. Vielleicht haben sie von dem rumänischen Saisonarbeiter gehört, der zum Spargelstechen nach Deutschland gekommen war und an Covid 19 starb. Oder von den Protesten rumänischer Feldarbeiter in Nordrhein-Westfalen, die entgegen der Absprache nach wenigen Wochen mit ein paar Euro wieder nach Hause geschickt werden sollten.

Die neuen Regeln gelten bis Jahresende. Dies schaffe Planungssicherheit für die Landwirte und eine gute Versorgung für die Verbraucher, sagte Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch nach Vorstellung ihres Konzepts im Kabinett. Der Deutsche Bauernverband begrüßte denn auch die Lockerungen und unterstrich, Hygiene- und Abstandsregeln »weiterhin strikt einzuhalten«. So sollen nach dem Konzept die Beschäftigten in festen Teams arbeiten und wohnen, ausländische Arbeitskräfte überdies getrennt von Kollegen aus der Umgebung. Zur Nachvollziehbarkeit etwaiger Infektionen müssen die Kontaktdaten erfasst werden.

Die Grünen sehen jedoch weiterhin Lücken beim Gesundheitsschutz. Statt fester Obergrenzen für die Belegung von Zimmern und für Teamgrößen mache die Bundesministerin »wieder nur vage Vorgaben«, kritisierte der Grünen-Agrarpolitiker Friedrich Ostendorff. Dies sei für Behörden kaum zu kontrollieren.

Forderungen der Gewerkschaften sind in Klöckners Konzept ebenfalls eingeflossen - allerdings nur als »Empfehlung« an die Arbeitgeber. Empfohlen ist etwa die Übermittlung eines Arbeitsvertrags vor der Einreise und in verständlicher Sprache samt Regelungen zu Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die Information über Beratungsangebote und Krankenversicherung.

Die Punkte werfen ein Licht auf die Missstände. Wie bei den Schlachthöfen sind die strukturellen Probleme in der Landwirtschaft lange bekannt. Gewerkschaften dringen auf klare Regeln gegen Willkür und Ausbeutung. Für die IG BAU sind Kontrollen das A und O. Die Linke-Agrarpolitikerin Kirsten Tackmann fordert, Saisonarbeit in der Landwirtschaft »neu zu denken«. So könnten etwa Arbeitgeberzusammenschlüsse saisonale Arbeit so organisieren, »dass ganzjährig sozial gesicherte Arbeitsverhältnisse entstehen«.

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