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Scholz spuckt in die Hände

Kabinett beschließt zweiten Nachtragshaushalt / 218,5 Milliarden Euro neue Schulden geplant

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz gefallen derzeit knackige Formulierungen. Das neue Konjunkturpaket bezeichnete er als »Wumms«, nun legte der häufig unterkühlt wirkende Sozialdemokrat nach und griff dabei in die popkulturelle Sprüchekiste. »Jetzt wird in die Hände gespuckt. Wir steigern das Bruttosozialprodukt«, zitierte Scholz bei der Vorstellung des am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen zweiten Nachtragshaushaltes einen Klassiker der Neuen Deutschen Welle.

Doch dieses In-die-Hände-Spucken ist nicht ganz billig. Wegen des 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturpakets und Mindereinnahmen aufgrund der Coronakrise möchte die Bundesregierung weitere Schulden in Höhe von 62,5 Milliarden Euro aufnehmen. Zusammen mit den bereits im März beschlossenen 156 Milliarden Euro will die Große Koalition dieses Jahr damit insgesamt 218,5 Milliarden Euro neue Schulden machen. »Das ist eine Menge Geld«, meinte denn auch Scholz. Weniger wäre jedoch nicht genug gewesen, um die Krise zu bewältigen. Zum Vergleich: Im Zuge der Finanzkrise nahm der Bund 2010 44 Milliarden Euro neue Schulden auf.

Die Schuldenquote des Bundes steigt im Zuge des Nachtragshaushaltes von unter 60 auf rund 77 Prozent der Wirtschaftsleistung. Scholz will ab 2023 den Großteil der neuen Kredite über einen Zeitraum von 20 Jahren abstottern. Seinem Plan muss noch der Bundestag zustimmen.

Wie die Rückzahlung dann finanziert werden soll, habe die Bundesregierung »noch völlig offengelassen«, monierte die haushaltspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Gesine Lötzsch. Die Koalition sehe das Konjunkturpaket als Wahlgeschenk. »Nach der Wahl wird dann die Rechnung präsentiert - da machen wir nicht mit«, warnte Lötzsch und erneuerte die Forderung ihrer Partei nach einer Abgabe auf hohe Vermögen.

Der Linkspartei-Kovorsitzende Bernd Riexinger wies unterdessen auf die »erhebliche soziale Schieflage« des Konjunkturpakets hin: »Eltern, Arbeitslose und Pflegekräfte bekommen beispielsweise kaum etwas.«

Derweil werden die wegen der Corona-Pandemie notwendigen Kontaktbeschränkungen noch einige Zeit das Leben in diesem Land bestimmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel traf sich am Mittwochnachmittag in Berlin erstmals seit Mitte März wieder mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer. Bei dem Treffen ging es um eine gemeinsame Linie für den weiteren Umgang mit dem Coronavirus.

Im Zentrum der Beratungen stand die Verlängerung des Verbots von Großveranstaltungen bis mindestens Ende Oktober. Dieses soll für solche Veranstaltungen gelten, »bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich« sind, hieß es in einem Formulierungsvorschlag für das Treffen mit Merkel, über das die Nachrichtenagentur dpa im Vorfeld berichtete. Ein Ergebnis der Gespräche stand bis Redaktionsschluss noch nicht fest.

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