• Politik
  • Kohleausstieg in Deutschland

Bagger in den Tagebauen Garzweiler und Jänschwalde besetzt

Betriebe im Rheinischen Revier und Brandenburg stehen still / Aktionen Teil einer «Woche des Widerstands»

  • Lesedauer: 3 Min.

Jänschwalde. Aktivisten sind am frühen Freitagmorgen in das Gelände des Braunkohle-Tagebaus Jänschwalde in Brandenburg eingedrungen. Damit will das Anti-Kohle-Bündnis «Ende Gelände» nach Angaben einer Sprecherin gegen das geplante Kohlegesetz der Bundesregierung protestieren und die sofortige Abschaltung von Kohlekraftwerken fordern. Gegen 5.00 Uhr habe eine Gruppe einen systemrelevanten Bagger besetzt, bestätigte ein Sprecher der Polizeidirektion Süd. Um die Menschen nicht in Gefahr zu bringen, sei er vom Netz genommen worden. Man blockiere an acht Punkten, erklärten die Aktivisten auf Twitter. Damit stehe Garzweiler «komplett still».

Eine Gruppe habe auf einem Bagger ein Transparent aufgehängt und dann das Gelände verlassen, eine zweite mit etwa einem Dutzend Personen sei auch am Morgen weiter vor Ort, sagte eine Sprecherin von «Ende Gelände». Insgesamt seien in Jänschwalde 30 Menschen beteiligt gewesen. «Sie werden die Kohleinfrastruktur so lange besetzen, wie das möglich ist», kündigte die Sprecherin an. Einige der Anwesenden seien «mit Abseilmanövern» beschäftigt, um das Transparent zu sichern.

Auf einem Video, das das Bündnis auf Twitter teilte, ist zu sehen, wie Menschen auf einem Bagger ein großes Spruchband mit der Aufschrift «Wenn Gesetze versagen ist Zeit für Blockaden» anbrachten. Gemeint ist das Kohlegesetz der Bundesregierung. «Ende Gelände kritisiert, die Bundesrierung wolle den Energiekonzernen RWE und LEAG »vier Milliarden Euro schenken - obwohl gar keine Kraftwerke schneller abgeschaltet werden«. So werde das 1,5-Grad-Ziel des Klimaabkommens nicht erreicht. Stattdessen »vergolde« die Bundesregierung »fossilen Konzernen« den Ausstieg.

In einem Donnerstagnacht veröffentlichten Papier übt auch die Gruppe »Scientists for Future« aus dem Umfeld der Fridays for Future-Bewegung scharfe Kritik am Kohleausstieggesetz. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssten »Maßnahmen mit geringen Vermeidungskosten und hohen Einsparungseffekten« ergriffen werden. Zahlreiche Studien würden die Möglichkeit eines schnellen Kohleausstiegs bis 2030 belegen, für den es überdies eine »breite gesellschaftliche Mehrheit« gebe.

Weil Kohlestrom aber durch das Wachstum regenerativer Stromerzeugung in Deutschland schneller unwirtschaftlich werde, könnte der Kohleausstieg noch günstiger vollzogen werden, als im Gesetz aktuell vorgesehen. Einem Verlust von 18.000 Kohlearbeitsplätzen würden 200.000 neue Arbeitsplätze in der Photovoltaik gegenüberstehen, die bei einer Verfünffachung der aktuell installierten Anlagenkapazität entstehen würden. Zudem gebe keine Pflicht für die Bundesregierung Kohlekonzerne zu entschädigen.

Deutschland plant derzeit den Kohleausstieg bis spätestens 2038 - laut den Klimaaktivisten ist das viel zu spät. Das Gesetz zum Kohleausstieg soll kommende Woche beschlossen werden. Die Polizei kündigte an, die Menschen »zu einem selbstständigen Verlassen« des Baggers bewegen zu wollen. Höhenretter seien angefordert worden. Auch der Polizeisprecher sprach von etwa einem Dutzend Menschen, die auf dem Gelände seien.

Weitere Proteste im Tagebau Garzweiler

Auch im nordrhein-westfälischen Tagebau Garzweiler waren Aktivisten nach Polizeiangaben im Laufe der Nacht in den dortigen Tagebau eingedrungen und auf insgesamt sechs Bagger geklettert. Laut dem Bündnis »Einsatz Kohlestopp« waren rund 80 Menschen - etwa auch vom Bündnis »Ende Gelände« - an der Aktion beteiligt. Die Aktion sei Teil einer Woche des Widerstands.

Das Rheinische Braunkohlerevier ist immer wieder Schauplatz von Protest-Aktionen. Bereits in der Vergangenheit drangen mehrmals Aktivisten in das Gelände ein. Im November 2019 etwa besetzten Greenpeace-Aktivisten einen Braunkohle-Bagger. Im Juni zuvor sorgte »Ende Gelände« mit Blockaden für einen Großeinsatz der Polizei. dpa/nd

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