Amazon zieht es in den Nordosten

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer vom Logistikzentrum der Lebensmittelkette Norma oder von der McDonald’s-Filiale im Gewerbepark Dummerstorf auf die noch freie Fläche jenes Areals blickt, sieht nichts von Aktivitäten des erwarteten neuen Nachbarn Amazon. Der Onlinehändler will dort ein Logistikzentrum errichten und darf eigentlich mit dem Bau beginnen, doch nichts tut sich.

Im Frühjahr wurde bekannt, dass sich der US-Konzern in Mecklenburg-Vorpommern ansiedeln will. In punkto Standort und mögliche Arbeitsplätze geistern seither verschiedene Informationen herum. Nun hat sich Amazon in einer NDR-Sendung geäußert. Das Unternehmen plane, im 7000-Einwohner-Städtchen Dummerstorf südlich von Rostock ein zwischen 60 000 und 100 000 Quadratmeter großes Logistikzentrum zu bauen, erklärte Firmensprecher Stephan Eichenseher. Etwa 1000 Menschen könnten dort Arbeit finden. Außerdem wolle Amazon in Rostock auf einem rund zehn Hektar großen Terrain ein Verteilzen-trum schaffen. Etwa 150 Lagermitarbeiter sowie zusätzlich 200 Fahrer könnten dort beschäftigt werden, so der Sprecher. Bis zum Weihnachtsgeschäft solle das Verteilzentrum in Betrieb gehen. Termine zu dem größeren Projekt nannte er nicht.

Geteilte Meinung über die geplante Ansiedlung

Während sich Dummerstorfs Bürgermeister Axel Wiechmann (CDU) auf einen Zuzug von im Logistikzentrum tätigen Menschen in seine Gemeinde freut und sich bereits Gedanken über das Wohnungsangebot, über Kinderbetreuung und Schulversorgung macht, gibt es auch kritische Stimmen. Schon im Mai hatte der Vorsitzende der Rostocker SPD, Julian Barlen, konstatiert: Mit Blick auf die Beschäftigten lasse sich dem Kommen von Amazon wenig Positives abgewinnen. Das Unternehmen habe sich »als Lohndrücker der gesamten Branche« einen Namen gemacht.

Stirnrunzeln gibt es auch bei den Gewerkschaften. Amazon sei seit langem für eine harte Haltung beim Thema Tarifverträge bekannt, erinnert Fabian Scheller, DGB-Geschäftsführer für die Region Rostock-Schwerin. Seit mehr als sieben Jahren kämpfe der Konzern gegen die gewerkschaftliche Forderung, die Beschäftigten nach dem Tarif für den Einzel- und Versandhandel zu bezahlen. »Von den Milliardenumsätzen des Konzerns bleibt für die Beschäftigten nur wenig«, so der Gewerkschafter.

DGB heißt nur tarifgebundene Unternehmen willkommen

Seit längerem setzt sich der DGB für eine bevorzugte Ansiedlung tarifgebundener Unternehmen im Nordosten ein. Denn: »Nur gute Tarifverträge mit sicheren Arbeitsverhältnissen helfen der Region aus dem Lohnkeller hinaus, dazu gehören Geschäftsgebaren von Konzernen wie Amazon gewiss nicht«, unterstreicht Scheller. Dabei gehe es nicht allein um die Lohnhöhe, sondern auch um Regelungen zu Mitbestimmung, Betriebsrat und Überstunden. Wenn solche Fragen angesprochen werden, verhalte sich Amazon »bockbeinig«.

Unternehmenssprecher Eichenseher weist die Kritik zurück: Es stimme zwar, das es keinen Tarifvertrag gebe, viele Mitarbeiter würden von einem solchen aber auch gar nicht profitieren. Das Unternehmen zahle gute Löhne, es gebe eine Reihe zusätzlicher Leistungen, und der Job bei Amazon sei sicher, gerade auch in Zeiten von Corona.

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