Mit dem Mut der Hoffnung durch die Krise

Viele Galerien und Museen bringt die Corona-Pandemie an den Rand ihrer Existenz - auch in Potsdam

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Fluxus-Museum in der Schiffbauergasse, dem Potsdamer Kulturstandort schlechthin, ist menschenleer. Zurückzuführen ist das vor allem darauf, dass es derzeit ohnehin nur an drei Tagen in der Woche geöffnet hat, nicht aber am Mittwoch, an dem Kulturministerin Manja Schüle (SPD) das Fluxus besucht.

Wenn sich an einem Tag wie diesem Gäste einfinden, dann vor allem die Laufkundschaft, sagt Geschäftsführerin Andrea Podzun. Insgesamt sind derzeit 50 Prozent weniger Besucher im Fluxus als üblicherweise. So geht es vielen Kultureinrichtungen in nicht nur in Potsdam.

Immerhin hat sich das Haus ein Ferienprogramm gegönnt: Unter Einhaltung aller Hygienevorschriften haben zehn Kinder im Museum einige Tage verbringen können, wo mit ihnen ein Wortshop veranstaltet wurde. Ihre »Spuren« in Form von gestalteten kleinen Ecken sind überall zu finden.

Ministerin Schüle erkundigt sich nach der Herkunft des Namens dieses Museums. Fluxus geht auf »flux« (fließen) zurück. Es entstand Anfang der 1960er Jahre eine Kunstform, welche die traditionellen Grenzen zwischen den einzelnen Kunstsparten wie Theater, Bildende Kunst und Film niederreißen und das Groteske und Komische von politischen oder menschlichen Gegebenheiten hervorheben wollte.

In Potsdam steht das einzige deutsche Museum mit ausschließlich diesem Profil. Geprägt wurde die Kunstrichtung Fluxus beispielsweise auch durch Yoko Ono, die Partnerin des 1980 ermordeten Beatles-Musikers John Lennon.

Mit welchen Mitteln Publikum gewonnen werden könne, fragt die Ministerin. Die Betreiber hoffen, mit dem Ferienpass, dem preisreduzierten Angebot, Interessierte anzulocken. Allzu hoch kann man die Erwartungen aber nicht schrauben, denn nicht jedes Vorhaben hat heute noch Bestand. »Eine geplante Kooperation mit einer Einrichtung aus Riga haben wir absagen müssen«, sagt Museums-Kurator Philipp John.

Zuvor hatte die Ministerin die Galerie Sperl in der Schopenhauerstraße besucht, die sich vorwiegend der Präsentation brandenburgischer Künstler verschrieben hat. Auch diese Potsdamer Kulturinstanz, die es seit fast 30 Jahren gibt, hatte coronabedingt einige Wochen schließen müssen. Nur vorsichtig und zögernd kehren die Besucher zurück, sagt Ursula Sperl. Derzeit hängt eine Gemäldeausstellung des Malers Dieter Zimmermann in den Räumen der Galerie. »Eine Vernissage haben wir aufgrund der Umstände nicht veranstalten können. Dann wird es schon schwierig«. Doch sei der Künstler eine regionale Berühmtheit, werbe mit seinen Bildern zum Thema »Himmelsleitern, Bäume und Meer« für sich selbst. Die Potsdamer Staatskanzlei hatte vor Jahren ein Werk von ihm angekauft. Ministerin Schüle stellt in den Raum, ob der Landtag nicht ein geeigneter Ort wäre, um Gemälde des überaus produktiven Malers Zimmermann der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. »Auch im Bundestag gibt es diese Möglichkeit.«

Wenn die Bilder des Künstlers Hans Hendrik Grimmling in der kleinen Galerie ausgestellt werden, hofft die Galeristin dann aber doch auf eine Eröffnung mit Vernissage am 19. Juli.

Das Ehepaar Sperl blickt trotz alledem optimistisch in die Zukunft. »Es wird weitergehen mit der Kunst. Die Menschen wollen sie sich nicht nur am Bildschirm ansehen, sondern eine unmittelbare Begegnung mit ihr haben.« Auch jenseits von Corona waren sie es gewohnt, mit Schwierigkeiten umzugehen. »Wir sind in der Stadt schon fünfmal umgezogen.« In der Potsdamer Mitte sind die Mietpreise inzwischen gewaltig - »da kann man nichts mehr bezahlen«, bedauert Ursula Sperl. Dass sie im kommenden Jahr einen ihrer beiden Ausstellungsräume verlieren werden, steht auch schon fest, hat aber nichts mit der Pandemie zu tun. Das Gebäude habe eine private Gesellschaft erworben, sie plant den Bau von Eigentumswohnungen.

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