Klarheit, aber keine Einfachheit

Markus Drescher über das Urteil zum digitalen Vergessenwerden

Suchmaschinen, allen weit voran Google, haben unglaubliche Macht. Das Auftauchen in ihren Trefferlisten auf einem der vorderen Plätze entscheidet über Wohl und Wehe im Ringen um Aufmerksamkeit und Klicks. Wenn man denn darauf aus ist. Manch einer nämlich möchte genau das Gegenteil. Nicht mehr auftauchen bei Google. Was angesichts der Marktmacht des US-Unternehmens tatsächlich praktisch bedeutet, vom Netz vergessen zu werden: Laut dem Statistik-Online-Portal Statista hatte Google im Juni dieses Jahres in Deutschland einen Marktanteil von 87 Prozent bei der Suche am PC beziehungsweise Laptop und 98 Prozent bei der mobilen Suche.

Das »Recht auf Vergessenwerden« in Anspruch zu nehmen, dafür kann es für die Betroffenen selbst gute Gründe geben. Sich kritischer Berichterstattung zu entledigen, zum Beispiel. Dass der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil nun klargestellt hat, dass die Streichung aus dem digitalen Gedächtnis kein Wunschkonzert, sondern eine komplexe Abwägungsentscheidung in jedem Einzelfall ist, mag zunächst das menschliche Bedürfnis nach möglichst einfachen Regeln und einem hohen Grad an Selbstbestimmung unbefriedigt lassen.

Doch ist es eine Entscheidung, die dafür sorgt, dass etwa die Presse- und Meinungsfreiheit nicht ad absurdum geführt werden kann - zumal im digitalen Zeitalter. Was wäre eine Online-Berichterstattung schon wert, die nach Belieben dem Vergessen anheim gegeben werden könnte? Wie sollte sich der Internetnutzer noch umfassend mit Informationen versorgen können, wenn ein Teil davon einfach nicht zu finden ist?

So hat der BGH nun zwar nicht für Einfachheit, aber doch für Klarheit gesorgt: Bei der Frage nach dem »Vergessenwerden« müssen die Rechte aller Betroffenen berücksichtigt werden.

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