Neue Hoffnung für die Landwirtschaft?

HEISSE ZEITEN - DIE KLIMAKOLUMNE

  • Olaf Bandt
  • Lesedauer: 3 Min.

Es regnet. Zumindest manchmal. Nach 2018 und 2019 scheint es für Bäuer*innen dieses Jahr keinen Hitze- und Dürresommer zu geben. Die vergangenen beiden Erntejahre haben der Landwirtschaft aufgezeigt, wie stark sie vom Klimawandel betroffen sind. Die Trockenheit führte zu schlechten Ernten, und die einheimischen Futtermittel für die Tiere wurden knapp. Gerade für die natur- und klimaverträgliche Weidehaltung ist das ein großes Problem.

Doch die Landwirtschaft ist nicht nur Opfer des Klimawandels. Sie ist nach Zahlen der Europäischen Umweltagentur leider auch für knapp zehn Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Das sind zum Beispiel Emissionen aus der Tierhaltung sowie aus landwirtschaftlich genutzten Böden als Folge der Stickstoffdüngung mit Mineraldünger oder Gülle. Würden Landnutzungsänderungen und Sojaimporte eingerechnet, wäre der Klima-Fußbadruck noch größer.

In ihrem Klimaschutzprogramm plant die Bundesregierung Minderungen in der Landwirtschaft von 2018 bis 2030 um 11,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Doch die geplanten Maßnahmen wie der Ausbau des Ökolandbaus, die Senkung der Stickstoffüberschüsse oder die Verbesserung der Energieeffizienz sind unzureichend. Laut Öko-Institut wird selbst bei kompletter Erfüllung des Plans das eigentliche Ziel um etwa 50 Prozent verfehlt. Hier muss nachgebessert werden. Die deutliche Reduzierung der Tierbestände könnte erheblich zum Klimaschutz beitragen. Auch die Wiedervernässung ehemaliger Moorstandorte wäre ein effektives Mittel. Beide Vorhaben bergen ein erhebliches, gesellschaftliches Konfliktpotenzial. Doch anstatt deshalb die Hände in den Schoß zu legen, gilt es, mit viel Fingerspitzengefühl anzupacken und die sozial-ökologische Transformation zu beginnen.

Dabei gibt es viel zu tun. Mittlerweile hat sich ein riesiger Reformstau angesammelt, nicht nur im Bereich des Klimaschutzes. Auch beim Tierwohl, dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, bei vielfältigen ländlichen Räumen, fairen Erzeugerpreisen sowie Marktbedingungen muss die Bundesregierung aktiv werden. Leider stoßen viele Änderungsvorschläge auf Unmut und treiben Landwirt*innen auf die Straße. Darum ist die Agrarpolitik gefragt, vorausschauend und ambitioniert Reformen anzugehen und dabei alle Betriebe - egal ob biologisch oder konventionell produzierend - mitzunehmen.

Beispielsweise sollten die knapp 58 Milliarden Euro, die jährlich über Europas Agrarlandschaften mit der Gießkanne ausgeschüttet werden, zur Honorierung gesellschaftlicher Leistungen der Agrarbetriebe genutzt werden. Die Verteilung rein nach Flächenbesitz muss auslaufen. Stattdessen sind die Bauernhöfe - egal ob groß oder klein - zum Beispiel für Klima- oder Naturschutz zu belohnen und auf ihrem Weg zu einer sozial-ökologischen Wirtschaftsweise zu unterstützen. Hin zu einer klimaschonenden, umweltfreundlichen Landwirtschaft, mit fairen Preisen und artgerechter Tierhaltung. Dazu gehört auch die Abkehr von der Exportausrichtung.

Die Probleme auf den Äckern und Höfen sowie in den Ställen sind den meisten agrarpolitischen Akteur*innen bekannt. Was fehlt, ist politisches Handeln. Vielleicht wird sich das nun ändern: Kürzlich setzte die Bundesregierung die »Zukunftskommission Landwirtschaft« ein. Die 31 Mitglieder aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sollen bis zum Frühjahr 2021 Empfehlungen und Vorschläge erarbeiten, »um eine nachhaltige, das heißt ökologisch und ökonomisch tragfähige sowie sozial verträgliche Landwirtschaft in Deutschland auch in Zukunft zu ermöglichen«.

Als BUND sind wir Gremienarbeit dieser Art gewohnt - beispielsweise in der Kohlekommission. Unsere Erwartungen sind nach den bisherigen Erfahrungen etwas gedämpft, doch bietet die Zukunftskommission die Chance einer breiten gesellschaftlichen Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland. Wir erwarten von der Kommission einen gleichberechtigten Dialog und Ausgleich zwischen den Interessen der Landwirtschaft und der übrigen Gesellschaft sowie die Vereinbarung konkreter Schritte zur Umsetzung der Ergebnisse. Für eine zukunftsfähige, gesellschaftlich akzeptierte und klimafreundliche Landwirtschaft.

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