Finale der Superlative

Die Wolfsburgerinnen treffen im Endspiel der Champions League auf den besten Fußballklub der Welt - Olympique Lyon.

Die Machtverhältnisse sind klar: Viermal in Folge haben die Fußballerinnen des französischen Serienmeisters Olympique Lyon zuletzt die Champions League gewinnen können, insgesamt sogar schon sechsmal seit 2011. Lyon zahlt die besten Gehälter (die derzeit verletzte norwegische Topstürmerin Ada Hegerberg soll 500 000 Euro pro Jahr verdienen), bietet die professionellsten Bedingungen (die Frauen trainieren auf der selben Anlage wie die Männermannschaft), und zieht damit immer neue Spitzenspielerinnen an (zuletzt kam die Isländerin Sara Björk Gunnarsdóttir aus Wolfsburg).

Alles andere als ein siebter Champions-League-Sieg für die »Fenottes« am Sonntagabend in San Sebastián gegen den VfL Wolfsburg wäre eine Überraschung, selbst wenn die Kickerinnen des in Deutschland dominierenden Klubs in der Uefa-Rangliste gleich hinter Olympique Lyon auf Rang zwei liegen - und einen gewichtigen Wettbewerbsvorteil haben: Die Bundesliga hatte Ende Mai als erste große Frauenliga Europas wieder spielen dürfen. Nach dem nationalen Titel Nr. 6 und Gewinn des DFB-Pokals (Nr.7) sieht man sich in Wolfsburg selbst durchaus reif für einen neuerlichen Finalsieg nach 2013 und 2014. »Wir wollen das Endspiel natürlich gewinnen«, sagt Wolfsburg-Trainer Stephan Lerch auf die Frage, ob nicht Lyon angesichts des mühsamen 2:1-Halbfinalsieges gegen Paris Saint-Germain in diesem Jahr deutlich leichter zu bezwingen sei als in den Spielzeiten zuvor. »Natürlich glauben wir, dass Lyon schlagbar ist.«

Der eigene knappe 1:0-Halbfinalsieg gegen den Vorjahresfinalisten FC Barcelona hingegen habe seiner Mannschaft eine Menge abverlangt und sie »vieles gelehrt«: »Wir haben das sehr intensiv aufgearbeitet. Die Spielerinnen waren sehr selbstkritisch. Jede weiß, dass sie sich steigern muss, die Sinne sind jetzt wieder geschärft«, sagt Lerch. Auch Stürmerin Alexandra Popp glaubt an die Heilsamkeit des beschwerlichen Halbfinales: »Barcelona hat den Ball gut laufen lassen, das sind wir normalerweise nicht gewöhnt.« Die Mannschaft habe aber bravourös gekämpft und nun würden die Karten neu gemischt. »Wir fangen im Finale wieder bei 0:0 an. Wir wissen, für einen Sieg müssen wir unser Spiel durchbringen.«

Allerdings ist das übermächtige Lyon - 14-mal in Folge französischer Meister - eindeutig der Angstgegner der Wolfsburgerinnen, vor allem in der Champions League: In den vorhergehenden vier Spielzeiten waren es jedes Mal die Französinnen, die den Wolfsburger Traum vom Sieg in der Königsklasse beendeten: 2016 und 2018 jeweils erst im Endspiel der Champions League, 2017 und 2019 aber schon im Viertelfinale. Das frühe Aus von 2019 war andererseits ein Wendepunkt: Seither haben die Wolfsburgerinnen kein Pflichtspiel mehr verloren.

Bei Olympique Lyon, wo die deutsche Nationalspielerin Dzsenifer Marozsán die prägende Spielerin ist, will keiner etwas von schwindender Dominanz bemerkt haben, schon gar nicht Jean-Luc Vasseur. Der Trainer schwärmte nach dem schweren Halbfinale in geradezu poetischer Manier. »Ein nicht enden wollender Durst nach Titeln ist das, was ich jeden Tag erlebe«, so umschrieb es der ehemalige Coach des Männer-Erstligisten Stade Reims bei »France Football«. »Sie sind immer hungrig nach Erfolg, das ist etwas Beeindruckendes, was ich noch nie zuvor gesehen habe.«

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