Gedenken bei Überlebenden

Auch 2021 keine große Zeremonie in Bergen-Belsen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein grauenvolles Bild bot sich den britischen Soldaten, die am 15. April 1945 das Konzentrationslager Bergen-Belsen besetzten. Auf dem weiträumigen Gelände im niedersächsischen Kreis Celle lagen zahlreiche unbestattete Tote. In den Baracken fanden die Befreier etwa 60 000 lebende Menschen, ausgehungert, abgezehrt, viele dem Tod geweiht. Das durch seine Tagebuch weltweit bekannte 15-jährige jüdische Mädchen Anne Frank war wenige Wochen vor dem Eintreffen der Briten im Lager gestorben, vermutlich durch Fleckfieber, eine der im KZ herrschenden Seuchen.

Der Erlösung der Gequälten vom Terror des Hitlerregimes vor 75 Jahren sollte im Frühjahr vor Ort mit über 5000 Gästen gedacht werden, unter ihnen rund 120 Überlebende des KZ. Wegen der Corona-Pandemie aber gab es nur eine wesentlich kleinere Veranstaltung mit Repräsentanten aus Politik, Opferverbänden sowie des jüdischen Lebens. Eine große Zeremonie sollte 2021 nachgeholt werden. Doch von diesem Plan sind die Verantwortlichen nun abgerückt.

Sie haben ein neues Konzept entwickelt und dabei besonders an die hoch betagten Überlebenden gedacht, die in Israel, Polen, den USA und anderen Ländern leben und für die eine Reise nach Deutschland sehr beschwerlich würde. »Aber wenn die Überlebenden und ihre Angehörigen nicht zu uns kommen, dann kommen wir eben zu ihnen«, sagte der Leiter der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner, der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung«. Geplant sei deshalb, am 18. April 2021 zahlreiche dezentrale Veranstaltungen in den Herkunftsländern der Überlebenden anzubieten und das mit einer kleineren Präsenzfeier in Bergen-Belsen zu verbinden.

Für alle Besucherinnen und Besucher des Ortes hat die Gedenkstätte, unabhängig vom Rückblick auf die Befreiung, vor kurzem zusammen mit der Leibniz-Universität Hannover einen neuen »Lernort« für die Öffentlichkeit geschaffen: in der nahe dem ehemaligen KZ gelegenen Niedersachsen-Kaserne. »Aufrüstung, Krieg und Verbrechen. Die Wehrmacht und die Kaserne Bergen-Hohne« ist die dort zu sehende Ausstellung betitelt. Sie soll darstellen, dass die Geschichte der Kaserne und des benachbarten, 1935 im Rahmen der Aufrüstung geschaffenen Truppenübungsplatzes untrennbar mit dem KZ Bergen-Belsen und dem zu ihm gehörenden Kriegsgefangenenlager verbunden ist. Außerdem wird die Mitwirkung des NS-Militärs an Verbrechen im Nationalsozialismus beleuchtet.

Anschaulich verdeutlicht die Ausstellung, dass die Wehrmacht eine tragende Säule der NS-Diktatur war. Zudem widmet sich die Präsentation der Frage, welche Handlungsspielräume Soldaten damals hatten und wie die deutsche Gesellschaft sowie die Bundeswehr nach 1945 mit dem schwierigen Erbe der Wehrmacht umgingen.

Nähere Informationen zum Besuch der KZ-Gedenkstätte und des »Lernorts Kaserne« im Internet unter https://bergen-belsen.stiftung-ng.de/

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