Umstritten

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Retter oder Spion? Oder vielleicht sogar beides? Berühmt wurde Paul Rusesabagina durch den preisgekrönten Kinohit »Hotel Ruanda«. Er, der ehemalige Vizemanager des Luxus-Hotels »Mille Collines« in Ruandas Hauptstadt Kigali, wird dort als Held gefeiert. Der in Südafrika gedrehte Film aus dem Jahr 2004 zeigte, wie Rusesabagina, Sohn einer Tutsi-Mutter und eines Hutu-Vaters, während des Völkermords an Ruandas Tutsi 1994 über 1200 Menschen hinter den hohen Mauern seiner Hotelanlage vor den mordenden Hutu-Milizen schützte.

Die seit der Vertreibung der Hutu-Milizen in Ruanda amtierende Regierung von Paul Kagame, eines Tutsi, konnte der Filmversion noch nie etwas abgewinnen. Rusesabagina habe als Spion für die völkermörderische Hutu-Regierung gearbeitet, heißt es in einer Erklärung von Ruandas staatlicher Kommission zum Kampf gegen Genozid (CNLG): Die Geflüchteten in seinem Hotel habe er erniedrigt und bestohlen. Dank seiner internationalen Kontakte habe er sich später als Retter dargestellt, um als Ikone in die Geschichte einzugehen.

Verbrieft ist: Rusesabagina hat Ruanda 1994 in Richtung Belgien verlassen und schon zuvor seine Familie ins sichere belgische Exil geschickt. Rusesabagina ist Vorsitzender der MRCD (Ruandische Bewegung für demokratischen Wandel), die Langzeit-Präsident Kagame scharf kritisiert. Die FNL, der bewaffnete Flügel der MRCD, hatte sich zu einem Überfall auf einen Bus im Nyungwe-Wald im Süden Ruandas nahe der Grenze zu Burundi im Jahr 2018 bekannt. Dabei wurden neun Passagiere getötet. Am Montag wurde Rusesabagina in Ruanda festgenommen. Er werde verdächtigt, »Gründer, Anführer, Sponsor sowie Mitglied einer gewalttätigen, bewaffneten und extremistischen Terrorgruppe« zu sein, erklärte die Ermittlungsbehörde RIB. Was ihn nach Ruanda verschlug, ist ungeklärt. Wie auch wie viel Retter und wie viel Spion in ihm steckt.

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