Eskalation in Boomtown

In Leipzig schlugen Proteste von Linken gegen Verdrängung in Gewalt um

  • Lesedauer: 2 Min.

Leipzig. Für Menschen in Leipzig gibt es viele Gründe, wütend zu sein. Die sächsische Stadt boomt: Die Einwohnerzahl erhöhte sich in den letzten zehn Jahren um 20 Prozent beziehungsweise 100 000 auf 593 000. Das bedingte rege Bautätigkeit. Die neuen Wohnungen sind alles andere als bezahlbar für Menschen mit geringeren Einkommen. Laut Immobilienportal Immowelt sind die Angebotsmieten seit 2010 um 42 Prozent gestiegen.

Seit Längerem gibt es gegen diese Mietenexplosion friedliche Proteste in der Stadt. Am Wochenende und zuvor bereits am Donnerstag und Freitag eskalierte die Lage. Es kam zu Böller- und Steinwürfen auf Polizisten und in Fensterscheiben. All das kam Politikern und Polizeivertretern insofern entgegen, als es ihnen die Möglichkeit gab, vom wichtigen Thema der Proteste abzulenken - und einmal mehr härtere Strafen für Menschen zu fordern, die Vertreter der Staatsgewalt tätlich angreifen. Leipzigs Polizeipräsident sprach von »Tötungsdelikten«, Sachsens Innenminister Roland Wöller will das Strafrecht verschärfen. Und Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, die Randalierer von Leipzig hätten die Absicht, »gegen unsere Rechtsordnung vorzugehen«. Diesen »Linksextremen« müsse »das Handwerk gelegt werden«, forderte Kretschmer am Sonntag. Und betonte mit Blick auf die Räumung besetzter Häuser, das Eigentum müsse geschützt werden.

Unterdessen zeigte die Agitprop-Gruppe »Hedonistische Internationale« am Samstag in Berlin einmal mehr, dass sich Aktionen für die Enteignung von Immobilienriesen auch satirisch-elegant gestalten lassen. Im wohlhabenden Stadtteil Grunewald führte sie eine Oper zum Thema Umverteilung auf, um die Bewohner in ihrem kulturellen Milieu »abzuholen« und für das Ziel eines sozial gerechten Zugangs zu Wohnungen zu gewinnen. Etwa 200 Personen wohnten dem Spektakel als Publikum bei. nd Seiten 4 und 9

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