nd-aktuell.de / 11.09.2020 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 15

Schweinesystem Tönnies-Art

Gegen das Vergessen der miesen Arbeitsbedingungen demonstriert ein Bündnis

Peter Nowak

»Sven-Georg Adenauer - Ihr Landrat«, steht auf den Plakaten, mit denen sich der Adenauer-Enkel bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag um das Amt in Gütersloh bewirbt. Dass die Plakate jetzt bundesweit bekanntwurden, lag an einer Adbusting-Aktion der Gütersloher Jusos. Sie hatten unter das Plakat einen Aufkleber mit dem Zusatz »Präsentiert von Clemens Tönnies« angebracht. Nun ermittelt sogar der Staatsschutz.

Auch wenn die miserablen Arbeitsbedingungen und der Umgang mit dem Tierwohl in dem Fleischkonzern nicht mehr so häufig in den Schlagzeilen sind, erregt Tönnies doch noch immer die Gemüter. So ruft ein Bündnis für diesen Freitag unter dem Motto »Gegen die Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt« zu einer Demonstration in Düsseldorf gegen die Verhältnisse bei Tönnies und Co. auf. Initiiert wurde das Protestbündnis maßgeblich von der »Aktion Arbeitsunrecht«. Die parteiunabhängige Organisation unterstützt Lohnabhängige, die für bessere Arbeitsverhältnisse und die Rechte von Betriebsräten und Gewerkschaften kämpfen.

Die »Aktion Arbeitsunrecht« stellt an jeden Freitag, der ein 13. des Monats ist, ein besonders arbeiter*innenfeindliches Unternehmen an den Pranger. Am 13. September 2019 war die Wahl auf die Unternehmensgruppe Tönnies gefallen. Dass es ein Jahr später eine Demonstration in Düsseldorf geben wird, ist kein Zufall. »Wir rufen wenige Tage vor den Kommunalwahlen in NRW dazu auf, keine Stimme an Parteien und Kandidat*innen zu geben, die mit Tönnies und Konsorten kungeln«, erklärte Elmar Wigand von der von der »Aktion Arbeitsunrecht«.

Zudem will die Aktion am Freitagmittag dem nordrhein-westfälischen Arbeitsminister Karl-Josef Laumann eine Petition übergeben, in der sie dem CDU-Politiker kritische Fragen stellt. »Die Aktion gegen Arbeitsunrecht hat wiederholt folgende Delikte zur Anzeige gebracht: Mietwucher und Scheinwerkverträge. Ihr Ministerium weiß Bescheid. Warum passiert nichts?«, lautet eine der Fragen an das Ministerium.

Zwar ist es für Wigand ein Erfolg, dass bundesweit Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischindustrie verboten werden sollen. Er befürchtet aber, dass es bald Schlupflöcher geben könnte, die es dem Konzern erlauben könnten, seine Ausbeutungspraktiken fortzusetzen. »Mit Hilfe sachgrundloser Befristung und Kettenbefristung werden entrechtete Arbeitsverhältnisse lediglich umetikettiert«, sagt Wigand. Tönnies integriere zu diesem Zwecke bereits Subunternehmer, die bisher Scheinwerkvertragsarbeiter geliefert haben, in sein Konzerngeflecht.

Wigand befürchtet, dass auch der Abschluss eines Tarifvertrags mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Tönnies die Möglichkeit geben könnte, die alten Arbeitsbedingungen zu erhalten. Auch dagegen will das Bündnis am Freitag auf die Straße gehen. Es reicht von Tierschutzgruppen über gewerkschaftliche Initiativen bis zu Interessenvertretungen von rumänischen Beschäftigten. »Es wird sicher auch in der nächsten Zeit noch genügend Gelegenheiten geben, gegen das Schweinesystem a la Tönnies auf die Straße zu gehen«, sagt etwa eine Tierrechtsaktivistin, die ihren Namen nicht veröffentlichen will. Für sie gehört der Kampf für die Rechte der Arbeiter*innen und der für Tiere zusammen.