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Grüne feiern »historischen« Erfolg

Partei erobert erstmals die Spitzenposten in den Rathäusern von Bonn, Aachen und Wuppertal

Strahlende Gesichter bei den nordrhein-westfälischen Grünen am Abend der Stichwahlen in 128 Städten und Kreisen. Die Vorsitzenden Mona Neubaur und Felix Banaszak bezeichneten das Ergebnis vom Wochenende als »historisch«. In insgesamt 13 Städten und Gemeinden stellen sie jetzt die Spitze. Kleine Städte wie Monschau werden nun genauso grün regiert wie Großstädte. In Aachen, Bonn und Wuppertal regieren nun Oberbürgermeister mit dem Parteibuch der Grünen. In Köln siegte die parteilose von den Grünen unterstützte Amtsinhaberin Henriette Reker wie erwartet gegen einen Landtagsabgeordneten der SPD.

Das Vorgehen in Köln war Vorbild für den Erfolg von Grünen und CDU in Wuppertal. Dort siegte mit Uwe Schneidewind ein prominenter Kandidat. Er leitete bisher das renommierte »Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie« und machte als Wissenschaftler Karriere. Er hat die Politik bisher beraten. Seine Prominenz spielte bei seiner Aufstellung zum Oberbürgermeisterkandidaten, gerade für die CDU, eine größere Rolle als seine Mitgliedschaft bei den Grünen.

Schneidewind hatte die Konservativen mit einem wirtschaftspolitischen Profil überzeugt, das auf die Ansiedlung hochqualifizierter Jobs in Wuppertal setzt. Außerdem hofft Schneidewind darauf, die Attraktivität Wuppertals zu steigern und so Menschen aus Köln und Düsseldorf zum Umzug in das günstige Tal zu bewegen. Bei diesen Themen konnte die CDU mitgehen. Schwerer wird es bei den grünen Kernthemen und dem, wofür Schneidewind wissenschaftlich steht. Er will einen klimagerechten Umbau von Stadt- und Wirtschaftsstrukturen. Verkehrspolitische Auseinandersetzungen im Wahlkampf zeigten, dass die beiden Parteien in diesem Bereich sehr unterschiedliche Positionen vertreten.

In Bonn und Aachen gewannen die Grünen gegen die CDU. In der früheren Bundeshauptstadt schaffte es die Bundestagsabgeordnete Katja Dörner gegen den Amtsinhaber. In Aachen errang die Grünen-Kandidatin haushoch fast 70 Prozent der Stimmen. Das dürfte dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU), der aus Aachen stammt und dort lebt, wenig gefreut haben.

Aber auch die CDU konnte einen großen Erfolg für sich verbuchen: Mit Stephan Keller hat sich in Düsseldorf ein Konservativer durchgesetzt. Es ist selten geworden, dass ein CDU-Mann in einer Landeshauptstadt die Verwaltung lenkt. In ländlichen Regionen blieb die Partei von Laschet gewohnt stark. Er betonte am Stichwahlabend genau wie beim ersten Wahlgang, dass sich »ein Kurs der Mitte« durchgesetzt habe.

Den großen Coup konnte Laschets Partei in Dortmund allerdings nicht landen. Hier konnte die SPD mit dem neuen Oberbürgermeister Thomas Westphal ihre alte Hochburg knapp verteidigen. Mit nicht einmal 6000 Stimmen lag Westphal am Ende vorne. Knapp 76 000 Menschen haben ihn gewählt. Wahlberechtigt waren 450 000 Menschen. Unterlegen ist Andreas Hollstein. Er ist der ehemalige Bürgermeister von Altena, einer schrumpfenden Kleinstadt im Sauerland, und war prominent geworden, weil ein rechter Anschlag auf ihn verübt worden war. In Altena hatte er mehr Geflüchtete aufgenommen, als die Stadt laut Verteilungsplan der Regierung hätte aufnehmen. Hollstein hatte sich für eine umfassende Integration eingesetzt. In der Woche vor den Stichwahlen hatten auch die Grünen ihre Unterstützung für Hollstein verkündet. Vorher hatten Hollstein und die CDU die Unterstützung für zahlreiche grüne Projekte zugesichert.

Die Sozialdemokraten waren nicht nur in Dortmund siegreich. In Hamm hat es mit Marc Herter ebenfalls ein SPD-Politiker geschafft. Er gewann sogar gegen den amtierenden Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann. Der CDU-Politiker war seit 1999 im Amt. Der nordrhein-westfälische SPD-Chef Sebastian Hartmann bezeichnete das Gesamtergebnis bei einer Pressekonferenz am Montag als »durchmischtes Bild«. Die SPD konnte sich bei insgesamt 40 Stichwahlen durchsetzen. Sie musste dabei aber herbe Verluste hinnehmen. Mit Mülheim an der Ruhr ging eine weitere langjährige SPD-Hochburg im Ruhrgebiet an die CD verloren. Hartmann rief die Parteimitglieder zur Geschlossenheit auf. Das »schulde« man den Wahlkämpfern jetzt. Außerdem verkündete er strukturelle Veränderungen in der Landespartei. Die soll, nach dem Vorbild der Bundespartei, eine männlich-weibliche Doppelspitze bekommen. Hartmann hat hier selber Ambitionen. Kommentar Seite 8

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