nd-aktuell.de / 16.10.2020 / Politik / Seite 4

Nicht nur Jubel zur Warnow-Brücke

37 Millionen Euro teures Rostocker Projekt anlässlich der Bundesgartenschau 2025 stößt auch auf Kritik

Hagen Jung

Eine rund 545 Meter lange Brücke über die Warnow, vom Rostocker Stadthafen bis zum Stadtteil Gehlsdorf, könnte bis zum Beginn der Bundesgartenschau (Buga) 2025 fertiggestellt sein, meinen Optimisten. Als »architektonisches Highlight« bezeichnet die Hansestadt den für die Schifffahrt aufklappbaren Überweg in einer Internet-Präsentation zu den »Projektbausteinen«, die sie anlässlich der Buga verwirklichen möchte.

»Der filigrane Brückenbau« werde sich harmonisch ins Stadtbild einfügen und »zugleich neue Perspektiven auf die Altstadtsilhouette, auf die Warnow und den nördlichen Uferbereich« eröffnen, jubeln die Verfasser des Papiers. Doch nicht von allen Seiten gibt es Jubel für die Querung, der die Bürgerschaft am 21. Oktober voraussichtlich zustimmen wird, zusammen mit dem entscheidenden Ja zur gesamten Buga. Sie wird nach derzeitigen Kalkulationen rund 129 Millionen Euro verschlingen. Daran muss sich die Stadt nach Abzug der Zuschüsse von Bund und Land vermutlich mit etwa 29 Millionen Euro beteiligen. Den mit knapp 37 Millionen Euro Kosten veranschlagten Bau der Brücke bezeichnete der Steuerzahlerbund dieser Tage als Verschwendung, zumal nicht weit vom geplanten Standort der Warnow-Querung eine Fähre die Ufer verbindet. Und trotz der Fördermittel von Bund und Land werde die Stadt rund zehn Prozent der Baukosten für den Überweg tragen und mit jährlichen Unterhaltungskosten von rund 360 000 Euro rechnen müssen, warnt die Organisation.

Herbe Kritik am Brückenprojekt üben auch die Segler. Sie befürchten, durch die Brücke ihr vertrautes »Revier« zu verlieren, besonders gelte das für Kinder und Jugendliche. Die Querung könnte ihnen durch Strömungen an ihren Pfeilern Schwierigkeiten beim Ausüben des Sports bereiten.

Ist eine Brücke über die Warnow sinnvoll? Diese Frage wird bereits seit 1975 erörtert. Sie lebte wieder auf, als bekannt wurde, dass Rostock den Überweg in Verbindung mit der Buga errichten will. Die Hansestadt hatte sich 2018 mit Erfolg um die Bundesgartenschau 2025 beworben, weil Schwerin aufgrund seiner schlechten Kassenlage nicht mit öffentlichen Geldern mit der Ausrichtung der prestigeträchtigen Großveranstaltung rechnen konnte. Die Landeshauptstadt hatte sich daher zurückgezogen, an ihrer Stelle durfte sich Rostock über den Zuschlag der Bundesgartenschau-Gesellschaft freuen.

Keine Freude weckte die Brückenplanung bei den Linken in Rostock. Sie steht dem Überweg nach wie vor konträr gegenüber. Und auch von Bürgerinnen und Bürgern gibt es keineswegs einhellige Zustimmung, wie Leserbriefe zeigen. »Hat die Stadt keine anderen Probleme zu lösen, als eine sinnlose Brücke zu bauen?«, wird da zum Beispiel gefragt.

Alles andere als sinnlos ist die Warnowbrücke für die Verfasser der Internet-Präsentation zu den Buga-Teilprojekten. Dort wird die Brücke als »neues Mobilitätsangebot« gepriesen, das eine echte Alternative zum Auto darstelle und sich mit durchschnittlich 2000 Radfahrern täglich als Fuß- und Radwegeverbindung etablieren und zur Entlastung der Verkehrssituation beitragen werde. Ob die Fußgänger und Radler womöglich mit längeren Wartezeiten rechnen müssen, wenn die Brücke hochgeklappt wird, verrät das Jubelpapier nicht.

»Fertigstellung November 2024« ist in jenem Papier zu der geplanten Brücke über die Warnow zu lesen. Doch das Einhalten dieses Zeitpunkts wird von mehreren Seiten bezweifelt. Im vergangenen Februar hatte der Rostocker Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) eine solche Entwicklung angesprochen und angekündigt: Sollte der Überweg den Besuchern nicht schon am ersten Tag der Bundesgartenschau zur Verfügung stehen, müssten Boote von Ufer zu Ufer verkehren. Notfalls wolle er selbst paddeln, versprach der Oberbürgermeister.