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Hambi bleibt! Und nun?

Umweltschützer*innen legen Konzepte zur Nutzung des Hambacher Forstes vor

Es ist zwei Jahre her, dass der Hambacher Forst gerettet wurde. Eine Klage des BUND stoppte die von RWE geplante Räumung. Waldbesetzer*innen und Klimagerechtigkeitsaktivist*innen sorgten für die notwendige Aufmerksamkeit für den Wald. Im Anschluss wurde von der Kohlekommission der Bundesregierung und auch im Kohleausstiegsgesetz festgelegt, dass der Wald zwischen Köln und Aachen erhalten werden soll. Doch was heißt das?

Die nordrhein-westfälische Landesregierung legte kürzlich eine Leitentscheidung vor, die Genaueres festlegen soll. Ein »vager« Plan, wie der nordrhein-westfälische BUND-Geschäftsleiter Dirk Jansen am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz feststellt. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) feiere sich als »Retter« des Waldes, wolle aber »keine sicheren Grundlagen für dessen dauerhaften Erhalt und eine ökologische Vernetzung aller Restwälder schaffen«, kritisiert Jansen. Der Abstand von 50 Metern zwischen Tagebaurand und Wald sei ein »Unding«.

Auch, dass RWE das Gebiet des Dorfes Manheim abbaggern darf, nur um Abraum zu gewinnen, mit dem die Böschungen des Tagebaus stabilisiert werden sollen, hält Jansen für falsch. Dadurch würde es unmöglich, dass der Hambacher Wald sich mit dem Bürgewald Steinheide vernetze. Dies sei aber wichtig, um »Waldfunktionen« langfristig zu erhalten und eine »Verinselung« des Hambacher Waldes zu verhindern. Von der Landesregierung fordert Jansen, dass der Wald von RWE zurückgekauft, als Schutzgebiet benannt und in eine Stiftung überführt wird.

Wissenschaftliche Schützenhilfe gibt es für Jansen von Pierre Ibisch, der an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde tätig ist. Im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland hat er ein Gutachten erstellt, das aufzeigt, wie gefährdet der Hambacher Forst durch die Leitentscheidung ist. »Bei der Erarbeitung der Leitentscheidung ist offenkundig keinerlei landschaftsökologische Expertise eingeflossen«, so Ibisch. Im Umfeld des Waldes werde Abraum gewonnen und Kiesgruben werden weiter betrieben. Dies schade dem Wald, erhöhe »Hitze- und Trockenstress«.

Bei einer Untersuchung im Sommer 2018 hat das Team von Ibish festgestellt, dass zwischen den kühlsten Punkten im Wald und den wärmsten im Tagebau ein Temperaturunterschied von bis zu 22 Grad herrscht. Für den Forscher aus Eberswalde ist klar: Waldflächen müssen erhalten und durch Wiederaufforstung vergrößert werden. Die Landschaft durch Bewaldung herunter zu kühlen sei auch eine zentrale Möglichkeit, um in der Klimakrise Zeit zu gewinnen.

Was abseits von Bewaldung im und um den Hambacher Forst geschehen soll, darüber hat sich die Initiative Buirer für Buir Gedanken gemacht. Antje Grothus, die in der Initiative aktiv ist und als Tagebaubetroffene in der Kohlekommission saß, stellt sich eine »Bürger*innenregion Hambacher Wald« vor. Spätestens mit der Coronakrise wurde der Stellenwert von Naherholung und naturnahem Tourismus deutlich, erklärt Grothus. Die Waldvernetzung könne einhergehen mit einer Nachnutzung der Trasse der alten Autobahn A4, die einmal quer durch den Hambacher Wald führt. Sie könne Teil eines Rad- und Wanderwegs von Köln bis Aachen werden. Rund um den Forst könne dann der Strukturwandel erfahrbar gemacht werden, etwa mit einem Museum in der alten Manheimer Dorfkirche. Dies könne mit der »Marke Hambacher Forst« zu einem touristischen »Highlight« werden, ist sich Antje Grothus sicher.

Mit dem Konzept von der Bürger*innenregion wollen Grothus und die Buirer für Buir auch ein »Gegengewicht« zur Strukturwandelerzählung der Landesregierung sein, in der der Fokus oft auf Jobs und neue Industrien liegt. Für die Bewohner des Rheinischen Reviers ginge es auch darum, »Lebensqualität« zu gewinnen.

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