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+++ Angespannter Ausbildungsmarkt, aber kein »Jahrgang Corona« +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Donnerstag, 29. Oktober 2020: +++ Gewaltsame Proteste in Italien +++ Über 16.000 Neuinfektionen registriert

  • Lesedauer: 5 Min.

Nürnberg. Die Corona-Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Situation am Ausbildungsmarkt im Ausbildungsjahr 2019/2020 und darüber hinaus. Es werde aber keinen »Jahrgang Corona« geben, sagte der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, am Donnerstag in Nürnberg.

Von Oktober 2019 bis September 2020 seien den Arbeitsagenturen und den Jobcentern insgesamt 530 000 Lehrstellen gemeldet worden - 41 700 weniger als ein Jahr zuvor. Demgegenüber hätten sich 473 000 Bewerberinnen an die Arbeitsagenturen gewandt - 38 000 weniger als im Vorjahr. Die Quote der nicht Vermittelten liege derzeit bei sechs Prozent, geringfügig höher als im Vorjahr, sagte Scheele. Insgesamt seien noch 29 000 Bewerber unversorgt, aber noch 60 000 Lehrstellen offen. Die Vermittlung sei aber auch durch die Pandemie um mehrere Wochen verzögert.

Das Minus bei Stellen und Bewerbern sei jedoch nicht alleine coronabedingt. Bereits bis März 2020 habe sowohl die Zahl der Bewerber als auch die Zahl der gemeldeten Stellen unter Vorjahresniveau gelegen. Es gebe unter anderem wegen der Corona-Unsicherheit auch eine Verschiebung mit einer Tendenz hin zu einem verlängerten Schulbesuch. Die Gastronomie als Ausbildungsbranche werde von den Bewerbern deutlich weniger angenommen.

+++ Warnung vor geschlossenen Grenzen +++

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat angesichts neuer Corona-Maßnahmen davor gewarnt, wie im Frühjahr Grenzen zu schließen. »Wir müssen alles tun, um Grenzschließungen auch weiterhin zu vermeiden«, sagte er der »Wirtschaftswoche« (Donnerstag). Der Europäische Binnenmarkt setze voraus, dass Lieferketten auch in Pandemiezeiten funktionierten. »Diesbezüglich haben wir aus dem ersten Shutdown gelernt.«

+++ Virologe: Umfassende Corona-Impfung wird bis 2022 dauern +++

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut geht davon aus, dass eine Impfung der gesamten Bevölkerung gegen das Coronavirus auch bei schneller Entwicklung eines Impfstoffs Ende 2021 noch nicht abgeschlossen sein wird. »Es wird längere Zeit dauern, bis wir durch die Impfung eine spürbare Veränderung des Infektionsgeschehens sehen werden, dass wir sagen können, jetzt kann wieder Ruhe einkehren«, sagte der Virologe Thomas Mertens den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Wenn man etwa pro Tag 100 000 Menschen impfen würde, brauche man 150 Tage, um 15 Millionen Menschen zu impfen. Dieses Tempo wäre nach Mertens Ansicht bereits eine Herausforderung.

Covid-19: Wie weit bis zu neuen Maßnahmen* in den Landkreisen?

»Der Start der Impfungen darf nicht übereilt passieren: Es kommt nicht darauf an, vier Wochen früher oder später mit dem Impfen anzufangen«, sagte der Virologe. Vor allem Transport und Lagerung, die Einrichtung der regionalen Impfzentren und die bundesweit zeitgleiche Dokumentation der Impfungen müssten gut vorbereitet werden, ebenso die Auswertung der Sicherheitsaspekte und des medizinischen Impferfolgs.

Mertens rechnet zudem damit, dass es angesichts eines zunächst knappen Impfstoffs Konflikte über die gerechte Verteilung geben wird. »Es kann auch sein, dass einzelne, die nicht gleich zum Zuge kommen, dagegen klagen werden.« Laut Bundesgesundheitsministerium sollen zunächst sogenannte »vulnerable« Gruppen geimpft werden, also Personen mit hohem Gesundheitsrisiko. Mertens kündigte an, dass die ethischen Rahmenbedingungen für die Impfstoffverteilung Anfang nächster Woche veröffentlicht werden sollen. Die Beratungen der Ständigen Impfkommission, des Deutschen Ethikrats und der Leopoldina würden Ende dieser Woche abgeschlossen.

+++ Wieder gewaltsame Proteste in Italien +++

In Italien ist es am Mittwochabend in mehreren Städten zu neuen Protesten gegen die verschärften Corona-Bestimmungen gekommen. In der norditalienischen Stadt Verona gingen nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa rund 500 Menschen vornehmlich aus dem rechtsradikalen Spektrum auf die Straße. Sie warfen mit Glas und kippten vor Lokalen Tische und Stühle um. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt. Ebenfalls am Mittwochabend wurde ein Mitarbeiter eines italienischen TV-Senders bei gewalttätigen Protesten in Palermo auf Sizilien verletzt, wie Ansa berichtete. Dort sei es nach einer Demonstration von Lokalbesitzern gegen die Beschränkung ihrer Öffnungszeiten zu Flaschenwürfen und dem Abschießen von Feuerwerkskörpern gekommen. Auch andernorts gab es vereinzelt Kundgebungen. Die Polizei habe von einigen Beteiligten die Personalien aufgenommen.

Bereits seit dem Wochenende war es in Italien bei Demonstrationen gegen die Regierung mehrfach zu Gewalt gekommen. Politiker machten unter anderem Neo-Faschisten und jugendlichen Straftäter für die Übergriffe verantwortlich.

Die Mitte-Links-Regierung in Rom hatte unlängst verschärfte Corona-Schutzmaßnahmen wie der Schließung aller Lokale um 18.00 Uhr verfügt. Kinos und Theater bleiben seit Montag zu. Wirtschaftliche Ausfälle bei Firmen und Beschäftigten sollen mit neuen Milliardenhilfen gemildert werden.

In Italien hatte die Anzahl der binnen eines Tages gemeldeten Corona-Neuinfektionen am Mittwoch fast die Marke von 25 000 erreicht. In dem Land mit rund 60 Millionen Einwohnern starben in 24 Stunden zudem 205 Menschen mit oder an dem Virus.

+++ 16 774 Corona-Neuinfektionen in Deutschland registriert +++

Die Zahl der registrierten Corona-Neuinfektionen in Deutschland hat mit 16 774 Fällen binnen eines Tages einen neuen Höchstwert erreicht. Dies geht aus Angaben des Robert Koch-Instituts vom frühen Donnerstagmorgen hervor. Der bisherige Rekordwert vom Vortag lag bei 14 964 Fällen. Am Donnerstag vor einer Woche hatten die Gesundheitsämter 11 287 Neuinfektionen gemeldet. Damit hatte der Wert erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland die Marke von 10 000 überschritten.

Die jetzigen Werte sind nur bedingt mit denen aus dem Frühjahr vergleichbar, da mittlerweile wesentlich mehr getestet wird und dadurch auch mehr Infektionen entdeckt werden.

Insgesamt haben sich dem RKI zufolge seit Beginn der Pandemie bundesweit 481 013 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert (Stand: 29.10., 00.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Donnerstag um 89 auf insgesamt 10 272. Das RKI schätzt, dass rund 339 200 Menschen inzwischen genesen sind.

Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht vom Mittwoch bei 1,03 (Vortag: 1,17). Das bedeutet, dass ein Infizierter etwas mehr als einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.

Zudem gibt das RKI in seinem Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert am Dienstag bei 1,17. Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen. Agenturen/nd

Die Eindämmung des Coronavirus - und der erneute Herbst-Anstieg
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