Neue Regeln haben Pause

Eine Entscheidung über weitergehende Corona-Maßnahmen an Schulen wurde verschoben

Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sind systemrelevant. Sie sollen in der sogenannten zweiten Corona-Welle unbedingt offen gehalten und so die für Eltern, Kinder, Wirtschaft und Gesellschaft gravierenden Folgen einer Schließung verhindert werden - einerseits. Andererseits steigen auch unter Kindern die Infektionszahlen rasant, es müssen immer wieder Einrichtungen ganz oder zum Teil wegen Corona-Fällen in Quarantäne und es mehren sich die Stimmen, die sich zum Schutz von Lehrern und Schülern für weitergehende Schutzmaßnahmen und/oder eine zumindest teilweise Abkehr vom Präsenzunterricht aussprechen.

In diesem komplexen Spannungsfeld einen sicheren und praktikablen Weg zu beschreiten, fällt bisher schon schwer. Und es wird offenbar nicht einfacher: Für die Bund-Länder-Beratungen am Montag standen laut Berichten von Seiten der Bundesregierung eigentlich auch strengere Schutzmaßnahmen für Schulen auf dem Plan. Doch nachdem sich abzeichnete, dass diese von den Ländern mehrheitlich wohl nicht mitgetragen werden würden, wurde den Berichten zufolge eine Entscheidung über neue und einheitliche Auflagen erst einmal vertagt. Demnach sollen die Länder nun bis nächste Woche Vorschläge dazu vorlegen.

Im Vorschlag des Bundes hatte es mit Bezug auf Schulen unter anderem zunächst geheißen, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes für Schüler aller Jahrgänge und für Lehrer auf dem Schulgelände und während des Unterrichts vorgeschrieben und dass ausnahmslos feste Gruppen von Schülern gebildet werden sollten, bei einer Halbierung der Gruppengrößen gemessen am Regelbetrieb.

Enttäuscht über die Verschiebung zeigte sich der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger: «Ich habe die Befürchtung, dass die Anpassungen nun zu spät kommen werden und warne vor Schulschließungen als letzte Konsequenz», erklärte er gegenüber der «Rheinischen Post» . Dass es eine Verkleinerung der Klassen brauche, sei für ihn klar. Meidinger forderte zudem, dass sich die Länder «auf einheitliche Regelungen wie eine Maskenpflicht im Unterricht in allen Klassenstufen einigen» sollten.

Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, wirft der Runde aus Bundesregierung und Ministerpräsidenten prinzipielle Versäumnisse vor: «Die Bund-Länder-Runde ist gut darin, Forderungen an die Bevölkerung zu formulieren, aber versagt bei eigenen Aufgaben», erklärte Korte am Montag. Die Corona-Bekämpfung sei keine Einbahnstraße und die Merkel-Länderchef-Runde wäre die Richtige, «um konkrete Termine zu vereinbaren: Bis wann auch die letzte Schule mit Luftfiltern ausgestattet sein soll. Bis zu welchem Datum der Takt von Schulbussen verdoppelt sein soll, damit sich Kinder darin nicht mehr drängen. Oder wann endlich eine gemeinsame Teststrategie steht, damit Schülerinnen, Lehrer und Pflegepersonal genauso schnell getestet werden wie ein Fußballprofi.» Wenn der Staat seinen Job mache, statt nur zu fordern, werde das die Akzeptanz wichtiger Schutzmaßnahmen ganz sicher erhöhen«, so Korte.

Wenn nun die Bundesländer Vorschläge für ein weiteres Vorgehen im Schulbereich erarbeiten sollen, wird auch hier erneut ein weiterer Kritikpunkt deutlich zu Tage treten: In den Ländern - so wie auch auf Bundesebene - wird immer vehementer die Einbeziehung von Betroffenen, Parlamentariern und außerparlamentarischer Interessensvertreter verlangt.

So forderte am Dienstag die Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns, Simone Oldenburg, »dass die gegenwärtig geltenden Maßnahmen umgehend in einem ›Corona-Gipfel Bildung‹ bewertet und beraten werden, um gegebenenfalls andere Lösung für ein gelingendes Lernen und Lehren zu finden«. An einem solchen Gipfel müssten für Oldenburg »Vertreter von Lehrkräften, Schulleitungen, der Landesschülerrat, Vertreter des Bildungsausschusses sowie die zuständigen Beigeordneten und Senatoren der Landkreise und kreisfreien Städte teilnehmen«. Man habe bereits Erfahrungen mit vielen unsinnigen Maßnahmen gemacht, deren Umsetzung sich in der Praxis als untauglich erwiesen hätten. »Alle von Bildung Betroffenen müssen an einen Tisch, um gemeinsam wirksame Maßnahmen zu entwickeln, damit die Schulen möglichst lange für die Schülerinnen und Schüler geöffnet bleiben können«, so Oldenburg.

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