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  • Auswärtssieg in Köln

Union lässt die Liga staunen

Der Auswärtssieg beim 1. FC Köln ist ein weiterer Beleg für die Weiterentwicklung der Berliner

  • Matthias Koch, Köln
  • Lesedauer: 4 Min.

Die beiden großen Anzeigetafeln in der Kölner Arena verkündeten, dass die reguläre Spielzeit abgelaufen war. Es roch am Sonntagabend wie schon Mitte Juni an gleicher Stelle nach einem 2:1-Auswärtssieg des 1. FC Union Berlin beim 1. FC Köln. Doch Dirk Zingler traute dem Frieden offensichtlich noch nicht. Unions Präsident verkroch sich lieber hoch oben auf der Tribüne in eine Loge, obwohl auch dort ein großer Bildschirm das Geschehen auf dem Platz zeigte. Als dann der Schlusspfiff aus Sicht der Köpenicker endlich ertönte, stürmte Zingler sofort ins Freie, um seine mitjubelnden Präsidiumskollegen Oskar Kosche und Lutz Munack umarmen zu können.

Unten auf dem Rasen feierten die Spieler den zweiten Auswärtssieg in Folge. Die Erfolgsgeschichte der Eisernen in ihrem zweiten Bundesligajahr geht also weiter. Mit dem siebenten Spiel in Serie ohne Niederlage verteidigte Union in der Abschlusspartie des achten Spieltags seinen fünften Tabellenrang. Der Rückstand auf Spitzenreiter Bayern München beträgt vier Punkte. Auch die Größen Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und RB Leipzig liegen nur drei beziehungsweise zwei Zähler voraus.

Die Bundesliga staunt schon ein bisschen über die Berliner. Doch auch nach dem vierten Saisonsieg lassen sich die Spieler nicht aus der Reserve locken. »Wir haben die sehr starken Gegner erst am Ende der Hinrunde. Deswegen ist es nicht schlecht, dass wir jetzt schon ein paar Punkte holen. Wir bleiben am Boden und wissen, dass der Klassenerhalt unser Ziel bleibt«, gibt Kapitän Christopher Trimmel die Richtung vor.

Im Jahr 2001 spielte Union erst- und bislang letztmals international. Doch die Träumer, die den Berlinern 20 Jahre später Chancen auf das Erreichen des Europapokals zugestehen beziehungsweise danach fragen, lässt Trainer Urs Fischer abblitzen. »Es ist doof und dumm, über Europa nachzudenken. Ziel bleibt der Klassenerhalt. Wenn wir dies erreicht haben, können wir uns über eine andere Zielsetzung Gedanken machen. Vorher nicht«, erklärt der Schweizer.

Der 1. FC Union hatte in der Tat bislang eher leichtere Gegner. Von den international aktiven Mannschaften wurden bisher lediglich, jeweils auswärts, Borussia Mönchengladbach (1:1) und 1899 Hoffenheim (3:1) bespielt. Die Partien gegen die Bayern, Dortmund, Leverkusen, Leipzig und Wolfsburg kommen erst noch im Verlauf der Hinrunde, die wegen der Corona-Pandemie in dieser Saison bis zum 20. Januar andauert.

Eine Weiterentwicklung ist bei den Berlinern jedoch seit Wochen zu erkennen. Dass Union nun in Köln nicht die beste Partie machte, lag möglicherweise auch an den zahlreichen Ausfällen. Verletzt fehlten die Verteidiger Nico Schlotterbeck und Florian Hübner, Mittelfeldspieler Christian Gentner sowie die Offensivakteure Joel Pohjanpalo, Keita Endo und Anthony Ujah im Aufgebot. Linksaußen Marius Bülter war zudem nach einer Corona-Erkrankung immer noch in Quarantäne. Am Sonntag rutschte wegen der Engpässe in der Abwehr deshalb erstmals U17-Spieler Mathis Bruns in den Kader. Insgesamt hatte Union wegen der langen Verletztenliste nur 19 statt der 20 möglichen Akteure ins Rheinland mitgenommen. Zu allem Überfluss schied Mittelfeldspieler Sebastian Griesbeck schon in Halbzeit eins verletzt aus.

Dennoch reichte es durch Tore von Taiwo Awoniyi und Max Kruse, der seinen verschossenen Elfmeter im Nachschuss verwandelte, zum Sieg. Den Gastgebern half es auch nicht, dass zwei Anhänger von draußen mit Fangesängen vom Band für ein bisschen Atmosphäre im tristen Geisterspielalltag sorgten. »Diesmal ging es mehr um Kampf und Geduld. Das hat uns ausgezeichnet. Ich finde, dass Köln sehr destruktiv gespielt hat. Sie haben viele Spieler in Manndeckung genommen und wollten das Spiel kaputtmachen, um auf Konter zu lauern. Wir haben eine solche Situation zugelassen, nach einem Standard. Sonst standen wir hinten sicher«, erklärte Kruse nach seiner neunten Torbeteiligung.

Auf Kölner Seite blieb Unions ehemaliger Torjäger Sebastian Andersson dagegen blass. Der Schwede konnte sich gegen die Innenverteidigung um Marvin Friedrich nie durchsetzen. Nach dem Abpfiff plauderten Unions Trainer Fischer und viele Ex-Kollegen mit Andersson. Er sah dabei gar nicht glücklich aus - auch weil seine neue und immer noch sieglose Elf auf den vorletzten Rang zurückgefallen ist. Im Sommer ging Andersson, der zwischen 2018 und 2020 in 74 Pflichtspielen 26 Treffer für Union erzielt hatte, auch wegen eines höheren Gehalts nach Köln.

Bei Union ist ohne den Mittelstürmer vieles besser geworden. Es werden weniger lange Bälle gespielt, weil der kopfballstarke Andersson weg ist. Vor allem durch die Verpflichtung von Kruse ist spielerisch jetzt mehr möglich. Die Berliner sind nicht mehr leicht auszurechnen: Die bislang 18 erzielten Tore werden nur von München (28) und Dortmund (20) überboten. Zudem gibt es elf verschiedene Torschützen. Im Vorjahr waren es zum selben Zeitpunkt gerade einmal vier.

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Am kommenden Sonnabend ist Eintracht Frankfurt im Stadion An der Alten Försterei zu Gast. Am eingeschränkten Personalstand der Berliner wird sich bis dahin nur wenig ändern. Aber auch die seit fünf Partien sieglosen Frankfurter werden angesichts der neuen Variabilität Unions mit Respekt nach Köpenick reisen.

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