Rechtes Machoklima

Faschistoide Chatgruppen bei Sachsen-Anhalts Polizei

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ein schockierendes Bild: Eine Frau mit großen Brüsten und geflochtenen Zöpfen sitzt lässig-elegant auf einer Kommode. Sie trägt Stöckelschuhe und ein knappes Oberteil, an dessen Ärmel eine Hakenkreuz-Armbinde angebracht ist. Im Hintergrund sieht man, leicht verdeckt, einen Wimpel mit Hakenkreuz. Dieses Bild soll wie andere rechtsextreme und antifeministische Inhalte in Chatgruppen von Polizisten aus Sachsen-Anhalt geteilt worden sein. Es sind gravierende Vorwürfe gegen die Beamten - und längst nicht die ersten ihrer Art.

Mit einem anonymen Schreiben an das Innenministerium, das «nd» vorliegt, hatte eine Frau in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt. Darin schreibt sie, dass ihr die Polizei am Herzen liege, dass sie aber nicht überrascht sei über die Inhalte. Sie berichtet von Gruppenzwang und einem «rechten Macho-Klima». Unter Polizisten sollen Worte wie Kanake, Ziegenficker und Fotze fallen. Auch bemerke sie «unangenehmes Verhalten, wenn es um die Coronakrise geht» - dabei solle die Polizei eigentlich Vorbild sein und sich «nicht den Leugnern oder Querdenkern anschließen».

Die Frau behauptet, solche Einstellungen seien «jedem Zugführer und wahrscheinlich auch allen anderen Hundertschaftsführern» bekannt. Niemand sage etwas, doch viele wüssten davon: «Spätestens wenn die Männer bei Auswärtsfahrten wieder besoffen sind, ist es auch für die letzten Kolleginnen und Kollegen spürbar und kein Kollege kann noch behaupten, es nicht gewusst zu haben», schreibt die Whistleblowerin. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg nahm bereits Ermittlungen auf und zog Handys von Polizisten ein.

«Das sind natürlich sehr massive Vorwürfe», urteilt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Uwe Bachmann, auf «nd»-Anfrage. Die «schwarzen Schafe» müssten umgehend aussortiert werden, dennoch kritisiert Bachmann auch die Verfasserin des Schreibens - obwohl die Frau offenbar aus Angst vor Mobbing handelte: «Ein anonymes Schreiben ist höchst problematisch, weil es viele Kollegen in die Bredouille bringt, die damit gar nichts zu tun haben und in Mitleidenschaft gezogen werden. Es wäre sehr hilfreich, wenn sich Kolleginnen und Kollegen in solchen Fällen direkt an die neu eingerichtete Extremismusstelle wenden.»

Eine solche hatte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) nach vorherigen Vorfällen in seinem Ministerium geschaffen. Grüne und Linke sind damit nicht zufrieden. Die mitregierenden Grünen fordern einen unabhängigen Polizeibeauftragten, die oppositionelle Linkspartei will eine unabhängige Polizeibeschwerdestellen. Diese Forderung sei «aktueller denn je», so die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Henriette Quade, gegenüber «nd». «Die aktuellen Vorgänge zeigen: »Die vorhandenen Beschwerdeinstrumente werden von denen, die Rassismus und Antisemitismus bei der Polizei beklagen, nicht genutzt.« Sie schrieben stattdessen anonyme Briefe, »aus Angst vor Repressalien«.

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