Kein Alkohol ist doch eine Lösung

Sachsen geht in einen harten Lockdown. Andere Länder streichen Lockerungen - und den Glühweinverkauf

Über Wochen hoffte man - zunächst mit dem Teil-Lockdown, dann mit dessen Verlängerung - die Corona-Infektionszahlen unter Kontrolle zu bekommen, ohne das öffentliche Leben zu stark herunterfahren zu müssen. An Weihnachten und Silvester sollte der Bevölkerung gar eine kurze Auszeit gegönnt und die Kontaktbeschränkungen gelockert werden. Doch die Zahlen sinken einfach nicht, Krankenhäuser stoßen immer öfter an Kapazitätsgrenzen, die Zahl der Corona-Toten steigt stetig - und die verantwortliche Politik verlegt sich vom Mahnen, Appellieren und Nachjustieren aufs Verschärfen der Maßnahmen.

Wie im Falle Sachsens durchaus drastisch: Als erstes Bundesland kehrt der Freistaat zu einem harten Lockdown zurück. Vom kommenden Montag sollen Schulen, Kindergärten und Horte geschlossen bleiben, im Handel soll nur der Verkauf von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs erlaubt bleiben - und der Verkauf von Weihnachtsbäumen. Dies kündigte am Dienstag Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nach einer Kabinettssitzung an. »Wir müssen dieses Land zur Ruhe bringen, das bedeutet weniger Bewegungen«, sagte Kretschmer. Die erweiterten Restriktionen sollen bis zum 10. Januar gelten.

Mit der Ausweitung der Beschränkungen liegt Sachsen auf Linie der Leopoldina, die am Dienstag in einer Ad-hoc-Stellungnahme für einen harten Lockdown plädiert und ein zweistufiges Vorgehen vorschlägt. Demnach sollten bereits ab kommenden Montag »Kontakte im beruflichen wie im privaten Bereich auf das absolute Mindestmaß reduziert werden«. Homeoffice müsse, wo immer möglich, die Regel sein, die Schulpflicht sollte bis zum Beginn der Weihnachtsferien in allen Bundesländern aufgehoben werden, Gruppenaktivitäten etwa im Sport sollten eingestellt und, wo immer möglich, digitale Möglichkeiten anstelle von Präsenzangeboten genutzt werden, empfiehlt die Nationale Wissenschaftsakademie.

Darauf folgend sollte dann ab dem 24. Dezember bis mindestens zum 10. Januar »in ganz Deutschland das öffentliche Leben weitgehend ruhen und ein harter Lockdown gelten«, heißt es weiter. Dazu empfiehlt die Leopoldina, dass zusätzlich zu den ab dem 14. Dezember vorgeschlagenen Maßnahmen »alle Geschäfte bis auf die des täglichen Bedarfs geschlossen und die Weihnachtsferien in den Bildungseinrichtungen verlängert werden.«

Generell fordern die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen »eine langfristige politische Einigung auf ein klares, mehrstufiges und bundesweit einheitliches System von Regeln, die ab einer bestimmten Anzahl von Fällen pro 100000 Einwohner greifen«. Durch ein einheitliches und nachvollziehbares Vorgehen würden die Maßnahmen für Bevölkerung und Unternehmen transparent, verständlich und planbar. Ein klarer Hinweis darauf, dass die Autoren der Empfehlung hier mit der bisherigen Praxis von Bund und Ländern unzufrieden sind. Unterstützung für die Vorschläge aus der Wissenschaft kam noch am Dienstag unter anderem von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der mitteilte, dass Bayern ein solches Vorgehen mittragen werde, sollte sich die Ministerpräsidentenkonferenz darauf einigen.

Neben Bayern, das bereits am Montag eine Verschärfung seiner Maßnahmen beschlossen hatte und Sachsen mit seinen weitreichenden Regelungen haben am Dienstag eine Reihe weiterer Bundesländer neue Maßnahmen beschlossen oder angekündigt.

So erklärte Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke), dass die Kontaktbeschränkungen an den Weihnachtsfeiertagen nicht gelockert werden sollen. Darauf habe sich die rot-rot-grüne Minderheitsregierung verständigt. An der endgültigen Entscheidung per Verordnung würden aber Landtag und Kommunen beteiligt, wozu es bereits Gespräche gebe, so Werner. Für Schleswig-Holstein schloss Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) mögliche Lockerungen bis Anfang nächsten Jahres aus. Dazu werde es bis zum 10. Januar »definitiv« nicht kommen, so Günther. In Sachsen-Anhalt soll es voraussichtlich an Silvester keine Lockerungen geben, wie Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nach einer Sitzung des Landeskabinetts mitteilte, und »über Weihnachten sind wir noch in der Entscheidungsphase, ob wir bei der angekündigten Möglichkeit bis zu zehn Personen bleiben.« Auch die Landesregierung in Rheinland-Pfalz kündigte an, dass es zum Jahresende wohl keine Ausnahmen von den Kontaktbeschränkungen geben werde.

Andere Bundesländer wiederum nehmen den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit ins Visier. Mecklenburg-Vorpommern etwa verbietet - neben anderen Maßnahmen wie der Ausweitung der Maskenpflicht - ab sofort den Ausschank von alkoholischen Getränken wie zum Beispiel Glühwein. Auch in ganz Hamburg, wo es bereits in einigen Stadtgebieten ein nachmittägliches Verbot gibt, soll künftig kein »Glühwein to go« mehr ausgeschenkt werden dürfen. »Geplant ist ein stadtweites Glühweinverbot«, erklärte Senatssprecher Marcel Schweitzer am Dienstag.

Ebenso will die baden-württembergische Landesregierung den Alkoholausschank unter freiem Himmel vor allem wegen des großen Andrangs an Glühweinständen im Land verbieten. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) kündigte an, man werde ein flächendeckendes Alkoholverbot in die nächste Corona-Verordnung aufnehmen. Im Saarland soll es an Heiligabend, dem Silvester- und am Neujahrstag ein Alkoholverbot auf belebten Plätzen und Straßen geben. Mit Agenturen

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