nd-aktuell.de / 16.12.2020 / Berlin / Seite 12

Erleichterung über Einschränkungen

Gesundheitssenatorin: Infektionsniveau muss auf »beherrschbaren Zustand« kommen

Nicolas Šustr

Eine »unausweichliche Maßnahme« nennt Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) die weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens in Berlin ab Mittwoch (siehe Kasten). »Es ist gut, dass der harte Lockdown auch morgen in Berlin kommt«, sagt Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) bei der Senatspressekonferenz am Dienstag. Denn das Infektionsniveau müsse auf einen »beherrschbaren Zustand« herunterbekommen werden.

Rund 7500 Neuinfektionen mit dem Coronavirus wurden in der Hauptstadt in den letzten sieben Tagen registriert. Unter 1600 müssten es sein, um die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner auf den Wert von 50 zu drücken, nur etwas über 1100, wenn der vom Senat angestrebte Wert von 30 erreicht werden soll. »Ich will ihnen noch einmal aufzeigen, wie hoch der Handlungsbedarf in Berlin ist«, erklärt Kalayci.

Die Lage in den Berliner Krankenhäusern sei »sehr angespannt«. Zwar seien noch über 200 Intensiv- und über 2000 weitere Betten frei, »aber die Personalsituation spannt sich an«.

Für Beunruhigung sorgen die Ausbrüche in Pflegeheimen. In Mitte sind laut »Tagesspiegel« über 150 Personen in einem Heim mit Covid-19 infiziert worden, 23 verstarben. Dort soll es schon der zweite Ausbruch gewesen sein. Kalayci widmet sich jedoch einem aktuellen Fall in Reinickendorf. »Wenn 80 von 170 Bewohnern positiv getestet werden, davon 12 verstorben sind und 30 Mitarbeiter positiv getestet sind, dann ist da etwas schiefgelaufen«, so Kalayci. Die Absetzung der Heimleitung werde zur Stunde geprüft. »Die Hygienekonzepte sind sehr eindeutig und wasserdicht und trotzdem kommt es zu diesen Ausbrüchen«, äußert sie ihr Unverständnis. Zumal mobile Testteams angefordert werden könnten.

Ab diesem Mittwoch sei eine Testung der Beschäftigten in Pflegeheimen alle zwei Tage vorgeschrieben, Besucher kämen nur mit einem negativen Test, der höchstens 24 Stunden alt sein dürfe, hinein. Ein Bewohner darf einen Besucher pro Tag für höchstens eine Stunde empfangen.

Wann die Impfungen genau beginnen werden, kann Kalayci am Dienstag nicht sagen. »Auch heute wissen wir nicht, wann der Impfstoff uns erreichen wird und in welcher Menge«, so die Senatorin. »Eine Chance auf Zulassung bis Weihnachten ist gegeben«, berichtet sie. Pflegeheimbewohner, Krankenhausbeschäftigte und Menschen über 80 Jahren sollen zu den ersten gehören, die geimpft werden.

Der Bund plane, den Einzelhandel in die Überbrückungshilfe III aufzunehmen, berichtet Wirtschaftssenatorin Pop. Bis zu einer halben Million Euro Förderung sollen möglich sein. Dass die Bundeshilfen derzeit nur in Abschlägen und nicht vollständig ausgezahlt werden, nennt Pop »eine große Problemlage«. »Der Bund muss die Insolvenzantragspflicht noch weiter aussetzen«, fordert sie daher.