Doppelsprech

Daniel Lücking über die manipulativen Trump-Reden

Dass Politiker*innen Aussagen treffen, die mehrdeutig interpretierbar sind, ist weder ungewöhnlich noch problematisch und quasi Teil des Berufs. Unhaltbar wird es aber, wenn ihre Aussagen nicht nur mehrdeutig sind, sondern auch ihr Gegenteil einschließen.

In den letzten Tagen zeichnete sich der noch amtierende US-Präsident Donald Trump durch solch ein Doppelsprech aus. Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl analysierte bereits am Mittwoch ein einminütiges Statement, in dem Trump vermeintlich dazu aufrief, die Gewalt zu beenden. Strobl macht klar, dass dieser Teil des Statements nur zehn Sekunden umfasste, dramaturgisch in der Mitte platziert war, aber in den emotionalen Teilen der Ansprache unterging. Der Kern der Rede unterstützte im Grunde die randalierenden Möchtegern-Umstürzler im Kapitol. Am Folgetag wiederholte Trump diese Art von Manipulation: Vordergründig zeigte er sich bereit, das Wahlergebnis nun zu akzeptieren, gab vor, die Nation solle sich wieder einen. In den letzten Sekunden seines Statements aber kam Trump auf den Punkt, den seine Unterstützer hören wollten: »An alle meine wundervollen Unterstützer, ich weiß, ihr seid enttäuscht, aber ich möchte auch, dass ihr wisst: Unsere unglaubliche Reise fängt gerade erst an.«

Trump braucht längst keine direkten Befehle mehr, um seine Unterstützer dazu zu bringen, im Sinne seines Willens zu agieren. Dieser ist längst und vielfach dokumentiert: Er will dieses Amt nicht räumen. Die von Trump getroffenen Aussagen sorgen zwar dafür, dass dem US-Kongress die Argumente dafür fehlen, ihn auf Basis des 25. Zusatzartikels der Verfassung abzusetzen. Ob die erwähnte »unglaubliche Reise« aber etwas anderes meint als die Fortsetzung der Gewalt und einen weiteren Putschversuch, werden die restlichen Tage seiner Amtszeit zeigen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal