Der Verschrotter

Matteo Renzi verlässt die Regierungsmehrheit.

  • Anna Maldini
  • Lesedauer: 2 Min.

Den ersten Auftritt hatte Matteo Renzi mit 19 in der italienischen Ausgabe der Quizshow Glücksrad. Der Sohn (Jahrgang 1975) einer katholischen Unternehmerfamilie aus der Toskana ging sehr früh in die Politik, erst als Christdemokrat und dann in die Demokratische Partei PD.

National bekannt wurde er als »Verschrotter«, jemand, der die verkrusteten Strukturen seiner Partei aufbrechen will. Damit traf er offenbar den Nerv der Zeit und wurde 2013 in einer Urwahl zum Vorsitzenden der Demokraten gewählt. Renzi polarisiert: Die einen finden ihn toll, die anderen hassen ihn, weil er mehr Schein als Sein ist und sich an Silvio Berlusconi orientiert: große Fernsehauftritte und Personalisierung.

Mit parteiinternen Intrigen hievte er sich 2014 auf den Sessel des Ministerpräsidenten. Wieder wollte er »verschrotten« und modernisieren. Dafür sollte die italienische Verfassung umfassend reformiert werden: Im Parlament bekam er die nötige Mehrheit, nicht aber im Land. Im Dezember 2016 unterlag seine neue Verfassung bei einem Volksentscheid deutlich. Renzi trat von allen Ämtern zurück und versprach, nie wieder in die Politik zu gehen. Das Versprechen hielt ein Jahr, bis er erneut für kurze Zeit den Vorsitz der Demokratischen Partei übernahm.

2019 gehörte er zu den großen Befürwortern der Koalition zwischen Demokraten und der 5-Sterne-Bewegung. Kurz nach der Vereidigung spaltete er die PD und gab die Gründung seiner neuen Partei »Italia Viva« (Lebendiges Italien) bekannt, die zwei Ministerinnen und 41 Abgeordnete und Senatoren stellt. Vor wenigen Tagen verließ Renzi nun die Regierungsmehrheit. Einer seiner Hauptkritikpunkte ist die Verteilung der Corona-Hilfen der EU. Was Renzi damit erreichen will, bleibt unklar. Umfragen sagen, dass sich die große Mehrheit der Italiener wünscht, er möge sein Versprechen wahr machen und der Politik den Rücken kehren.

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