Konfliktreicher Arbeitskampf in Aussicht

Ein zügiger Tarifabschluss scheint der IG Metall unwahrscheinlich - deshalb plant sie einen bundesweiten Aktionstag

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

In der laufenden Tarifrunde für die großen Branchen im Organisationsbereich der IG Metall zeichnet sich ein zäher und konfliktreicher Verlauf ab. Nach Ablauf der Friedenspflicht am 28. Februar soll bei einem bundesweiten Aktionstag gleich am 1. März der Druck erhöht werden. Bislang hatte die Gewerkschaftsspitze angestrebt, die regionalen Tarifverhandlungen mit den Unternehmerverbänden bis Ende Februar zügig abzuschließen. Dies sei nun »höchst unwahrscheinlich«, so Gewerkschaftschef Jörg Hofmann am Donnerstag bei der Jahrespressekonferenz seiner Organisation in Frankfurt am Main. »Wir müssen feststellen, dass in einzelnen Regionen bei den Arbeitgebern null Bereitschaft besteht, überhaupt zu einer Tariflösung zu kommen«, so Hofmann.

So könne die Tarifrunde notfalls auch noch nach Ostern weiter gehen. Sollte es wider Erwarten zu einem Durchbruch kommen, so werde man den 1. März als Feiertag für ein gutes Tarifergebnis begehen. Für die Tarifbereiche Metall- und Elektroindustrie, Volkswagen, Eisen und Stahl sowie Textil und Bekleidung fordert die Gewerkschaft ein Volumen von vier Prozent, das je nach Betrieb für höhere Löhne oder einen Teillohnausgleich bei einer Arbeitszeitverkürzung verwendet werden soll.

Die Einbrüche bei der Beschäftigung infolge von Corona-Pandemie und Wirtschaftskrise sind auch an der größten deutschen Gewerkschaft nicht spurlos vorüber gegangen. So ist die Mitgliederzahl 2020 um knapp 48 000 auf derzeit 2,21 Millionen gesunken. Das entspricht einem Minus von zwei Prozent. Die Corona-Auflagen hätten die Mitgliederwerbung durch direkte Ansprache und persönliche Überzeugungsarbeit eingeschränkt, so Hofmann. Dennoch standen den Verlusten durch Austritt und Tod auch 87 500 Neuzugänge gegenüber. Davon entfallen immerhin 25 000 auf Online-Beitritte.

Auch unter erschwerten Bedingungen setze man auf eine konsequente Mitgliederbeteiligung bei der Festlegung der Ausrichtung der Organisation. So hätten sich bei einer Mitgliederbefragung über 80 Prozent »sehr zufrieden« oder »zufrieden« mit der Politik der IG Metall in der Krisenbewältigung geäußert. Dieses positive Image bestehe bei allen Altersgruppen und Qualifikationen. »Suchen sie vergleichbare Zustimmungswerte in anderen Massenverbänden oder gar Parteien«, so Hofmann stolz.

Im Superwahljahr 2021 will sich die Organisation in Programmdebatten der Parteien, den Wahlkampf wie auch in die Erarbeitung eines künftigen Koalitionsvertrags einmischen. »Wir wollen Mehrheiten für einen sozialen, ökologischen und demokratischen Wandel sowie gute Arbeit für alle«, unterstrich Hofmann. Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig ein verlässlicher Sozialstaat sei. Daher werde man sich gegen alle Kräfte positionieren, die die Schulden mit Sozialabbau begleichen und die Krisenlasten auf die breite Bevölkerung abwälzen wollen

Während die Zahl der Arbeiter in der klassischen Facharbeitergewerkschaft leicht zurückging, hat sich der Anteil der Angestellten an der Gesamtmitgliedschaft weiter erhöht. So spielten auch Ingenieure und andere Angestellte in den Betriebsratsgremien zunehmend eine wichtige Rolle, unterstrich die zweite Vorsitzende Christiane Benner.

Ein besonderes Anliegen der IG Metall seien neben besseren Bedingungen für Auszubildende und dual Studierende vor allem mehr Rechte für Betriebsräte. Ihnen müsste ein umfassendes Initiativrecht bei der Weiterbildung und ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Homeoffice eingeräumt werden. Weil jede sechste Neugründung eines Betriebsrats massiv behindert werde, müssten die Initiatoren besser vor Kündigungen geschützt werden. Der aktuelle Entwurf des Bundesarbeitsministeriums greife noch viel zu kurz und dürfe vom Bundeskabinett »nicht noch weiter verwässert werden«, unterstrich Benner.

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