Gute Miene zum Lautsprecherjubel

Weitspringerin Malaika Mihambo gelingt in Berlin beim Hallen-Istaf mit 6,77 Meter Jahresweltbestleistung

Von einem Stück »Rückkehr zur Normalität« in diesen Coronazeiten war viel die Rede. Aber der Anspruch, für die Sicherheit der rund 50 Athleten und Betreuer alles Erdenkliche zu tun, verlangte einen Kraftakt. »In diesen herausfordernden Zeiten wollen wir mit dem Istaf ein Zeichen für den Sport setzen. Dafür wurde ein 24-seitiges Hygienekonzept erarbeitet und mit der Senatsverwaltung und der Charité abgestimmt«, beschrieb Meetingdirektor Martin Seeber die Herausforderung.

Das Konzept sah 800 Coronatests vor. Zudem durften nur Athleten anreisen, die einen negativen PCR-Test vorweisen konnten, der nicht älter als 48 Stunden war. Schließlich wurden die etwa 50 Athleten in zwei statt in nur einem Hotel untergebracht und dort noch einmal getestet. Das Ergebnis: alle Tests negativ.

Die Athleten sorgten in der Arena am Ostbahnhof schließlich für ein Spektakel - umjubelt von den leeren Rängen. Wie paradox! Doch statt der sonst üblichen 12 000 Fans waren von Kindern hübsch bemalte Pappkameraden aufgestellt worden, und das rhythmische Klatschen kam aus den Boxen.

Für die Weitspringerinnen und Stabartisten hatten sich die Organisatoren noch etwas Besonderes ausgedacht: Bei jedem Sprungversuch spielte der Hallen-DJ die Lieblingsmusik des Athleten ein. Die wussten den Aufwand zu schätzen. »Das Istaf ist immer ein besonderes Format. Da macht es richtig Spaß zu springen. Es ist toll, dass es in diesen Coronazeiten überhaupt Wettkämpfe für uns gibt«, schwärmte Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo, die erneut für einen Glanzpunkt sorgte. Die 27-jährige Heidelbergerin hatte sich vor einer Woche am Rhein mit 6,74 Meter weitengleich den Sieg vor ihrer größten Widersacherin, der WM-Zweiten Marina Bech-Romantschuk (Ukraine), geholt. Nun fand das Duell in Berlin eine Fortsetzung.

Mihambo, die sich in den zurückliegenden neun Monaten »aus gesundheitlichen Gründen«, wie sie erzählte, für einen kürzeren Anlauf mit 16 statt 20 Schritten entschieden hatte, was 30 statt 40 Meter Anlauf bedeutet, kehrte in Düsseldorf und Berlin zum langen Anlauf zurück. »Bei 20 Schritten hat man eine ganz andere Geschwindigkeit. Man muss den Anlauf anders gestalten und hat mehr Zeit, sich auf den Absprung vorzubereiten«, schilderte Deutschlands Sportlerin des Jahres 2020.

Die Rückkehr zum vollen Anlauf war richtig: Gleich mit dem ersten Versuch legte sie 6,77 Meter vor - der weiteste Sprung einer Frau in diesem Jahr. Damit holte sie sich erneut den Sieg vor Bech-Romantschuk (6,64 Meter). »Die Qualität der Anläufe war deutlich besser als in Düsseldorf«, freute sich Mihambo, die als Punktbeste nach der Istaf-Trophy, dotiert mit 5000 Euro für die Punktbesten in den sechs Disziplinen der Männer und Frauen, greift. »Ich komme langsam in den langen Anlauf wieder rein, aber es sitzt noch nicht jeder Anlauf. Die Sprünge zeigen aber, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Jetzt gilt es, in den nächsten Wettkämpfen das Potenzial auf die Anlaufbahn zu bringen, dann wird es eine sehr gute Hallensaison.« Die will sie bei den EM unterm Dach Anfang März in Torun (Polen) mit dem Titelgewinn krönen. Angesprochen auf Olympia 2021 in Tokio hielt sich die weltbeste Weitspringerin bedeckt. »Natürlich ist Tokio mein Ziel, aber die Spiele sind noch weit weg«, so Mihambo. »Wir müssen schauen, ob die Lage im Juli überhaupt Olympia zulässt. Corona hat gezeigt, dass man nie sicher sein kann.«

Vorher muss sich die Weitspringerin noch auf ein Revancheduell einrichten, das die bezwungene Vizeweltmeisterin aus der Ukraine ankündigte. »Ich starte noch bei den ukrainischen Meisterschaften und anschließend bei der Hallen-EM. Das wird mein letzter Wettkampf diesen Winter sein. Den will ich natürlich mit einem Sieg krönen«, so Bech-Romantschuk.

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