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BER-Flughafen mit Teilentschuldung in die Gewinnzone

BER-Chef: Hauptstadtflughafen braucht Gesellschafterhilfe, um ab 2025 schwarze Zahlen zu schreiben

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) braucht zur Sicherung des erst am 31. Oktober 2020 erfolgreich aufgenommenen Betriebs in den kommenden Jahren erhebliche Finanzierungshilfen. Es geht um sehr viel Steuergeld. Darauf verwies Engelbert Lütke Daldrup, der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft FBB, am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss BER II des Berliner Abgeordnetenhauses.

Der Flughafenchef wurde von dem im Juni 2018 eingesetzten Gremium als Zeuge vernommen. Dessen Aufgabe besteht in der »Aufklärung der Ursachen, Konsequenzen und Verantwortung für die Kosten- und Terminüberschreitungen« in der Bauphase des BER. Die aber ist spätestens seit der Eröffnung beendet. Neun Jahre verspätet war der Airport fertig. Auf 4,5 Milliarden Euro bezifferte Lütke Daldrup die Gesamtschulden der FBB infolge des Planungs- und Baudesasters.

Ein Unternehmen mit einer derartigen Last sei »kapitalmarktmäßig eigentlich überfordert«, wie der BER-Chef erläuterte. »25 Prozent unserer Erlöse gehen in die Tilgung.« Um die finanziellen Risiken für die öffentlichen Haushalte unter Kontrolle zu behalten, hatten die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund als Gesellschafter das Unternehmen von Anfang an äußerst sparsam mit Kapital ausgestattet. Es habe sich aber als ein Geburtsfehler erwiesen, das Projekt mit immer neuen kleinen Beträgen stets haushaltskonform entwickeln zu wollen, so Lütke Daldrup.

Aktuell bereitet dem BER allerdings die weltweite Corona-Pandemie weit größere Probleme, da sie den internationalen Luftverkehr kollabieren ließ. Wurden 2019 in Berlin zusammen 35,6 Millionen Fluggäste abgefertigt, waren es 2020 zwei Drittel weniger. Auch für das laufende Jahr rechnet die FBB nur mit rund zehn Millionen Passagieren. Das Unternehmen gehe derzeit davon aus, das Vor-Corona-Niveau bis 2025 wieder erreichen zu können, so Lütke Daldrup.

»Allein aus eigener Kraft ist weder in noch nach der Pandemie ein positives Betriebsergebnis zu erreichen«, sagte der Flughafenchef. »Deshalb ist eine Teilentschuldung der FBB nötig, damit wir wieder Mitte der 2020er Jahre schwarze Zahlen schreiben können.« Die Gesamtsumme, die die Eigentümer dafür aufzubringen hätten, läge deutlich unter drei Milliarden Euro.

Beifall fand diese umstrittene Idee im Ausschuss vor allem bei der SPD, deren Obmann Jörg Stroedter erklärte: »Ich bin absolut dafür, eine Teilentschuldung zu machen.« Dabei hatten sich die Eigentümer bislang eher gegen einen derartigen Schritt gestellt.

Sollte sich die Luftfahrtbranche bis 2025 erholen, dürften dem BER bis dahin coronabedingt insgesamt 86 Millionen Passagiere entgehen. »Wir gehen bis 2025 von Einnahmeausfällen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro aus«, so Lütke Daldrup.

Zum Ausgleich coronabedingter Einnahmeausfälle im Jahr 2020 hatten die Eigentümer 300 Millionen Euro bewilligt, davon 201,2 Millionen als Darlehen. Auch für 2021 genehmigten die Gesellschafter maximal 552 Millionen Euro. Der Businessplan 2020, im März unmittelbar vor Corona genehmigt, hatte ohnehin schon mit 792 Millionen Euro aus nachlaufenden Projektkosten, ausstehenden Baukostenrechnungen und Schallschutzkosten geplant. Zurückzuzahlen seien die niedrig verzinsten Darlehen bis 2023.

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