Kriegsspiele im Südchinesischen Meer

China und die USA halten in diesem Jahr vermehrt Marinemanöver in dem umstrittenen Gewässer ab

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 4 Min.

Auch wenn es einen Regierungswechsel in den Vereinigten Staaten von Amerika gegeben hat, die Spannungen mit China bleiben. Vorderster Schauplatz des sich zuspitzenden Konfliktes bleibt das Südchinesische Meer und die Straße von Taiwan, wo die US-Regierung Gebietsansprüche Chinas zurückweist. Im Südchinesischen Meer hat an diesem Montag ein einmonatiges Manöver der Volksbefreiungsarmee begonnen; zuvor hatten die USA dort ihre Aufklärungsoperationen verstärkt und auch Frankreich Kriegsschiffe in die Region geschickt.

Für einen Radius von fünf Kilometern westlich der Halbinsel Leizhou in der Provinz Guangdong haben chinesische Behörden eine Warnung herausgegeben, dass Schiffe in dieser Zeit nicht in das Gebiet einfahren sollen. Das ungewöhnlich lange Manöver der chinesischen Armee ist Teil einer Serie von Übungen, die das Ziel haben, das Militär umzubauen, um den Anforderungen modernen Kriegsführung gerecht zu werden. In den vergangenen Wochen haben bereits Manöver im Pazifik stattgefunden.

Zu dem am Montag begonnenen Manöver hieß aus dem Verteidigungsministerium in Peking, China sei entschlossen, den Frieden und die Stabilität im Südchinesischen Meer zu erhalten. »Wir widersetzen uns allen Nationen, die unter dem Namen der Freiheit der Schifffahrt Spannungen erzeugen und ihre militärische Präsenz verstärken.« Und: »Wir werden keinen Zentimeter unseres Landes verlieren, das uns von unseren Vorfahren hinterlassen wurde.« China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer, basierend auf einer Neun-Striche-Karte von 1947. Anrainer des Südchinesischen Meeres streiten sich mit Peking um das Gebiet und beziehen sich dabei auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen.

Dass die Spannungen im Südchinesischen Meer auch unter der US-Präsident Joe Biden anhalten würden, hatte sich gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft angedeutet. In den ersten eineinhalb Monaten im Amt hat die neue US-Regierung mindestens drei größere Marineoperationen unter dem Motte »Freiheit der Schifffahrt« in Gewässern nahe China durchgeführt - eine Machtdemonstration, wie sie in den vergangenen zehn Jahren nicht vorkam. In den vergangenen Jahren unter Präsident Donald Trump führten die USA durschnittlich alle zwei Monate eine solches Manöver durch.

Im Februar hatte die US-Navy bei ihrer Freedom of Navigation Operation (Operation Navigationsfreiheit) den Zerstörer »USS Russell« in die Zwölf-Seemeilen-Zone um die von China beanspruchten Spratly-Inseln gelenkt. Ganz oder teilweise Ansprüche für das Gebiet erheben auch Vietnam, Taiwan, Malaysia, Brunei und Philippinen. Nur wenige Wochen zuvor hatte der Zerstörer »USS John McCain« eine ähnliche Operation auf den Paracel-Inseln durchgeführt, die sowohl von China als auch Vietnam beansprucht werden. Auch fand in diesem Jahr bereits ein Manöver mit zwei Flugzeugträgern im Südchinesischen Meer statt, bei dem die »Nimitz« und die »Theodore Roosevelt« zur Übung eingesetzt wurden.

Die Ausweitung der Marinemanöver der US-Marine gehen einher mit einer Verschärfung der diplomatischen Haltung. So geißelte das US-Außenministerium das im Januar von China verabschiedete umstrittenes Gesetz über die chinesische Küstenwache als Teil der umfassenderen Bemühungen der asiatischen Supermacht, »ihre unrechtmäßigen maritimen Ansprüche im Südchinesischen Meer mit Gewalt durchzusetzen«. Das Gesetz sieht vor, dass neben den Seestreitkräften auch paramilitärische Hilfsschiffe »alle notwendigen Mittel« einsetzen dürfen, um fremde Schiffe am Eindringen in die eigenen Gewässer zu hindern.

Das Gesetz ist im Vergleich zu internationalen Standards nicht ungewöhnlich. Allerdings führt es bei den Anrainerstaaten des Südchinesischen Meeres, die mit China Territorialstreitigkeiten haben, zu großer Sorge. Ermutigt durch die US-Manöver in diesem Jahr haben Philippinen und Vietnam angekündigt, ihre Positionen in den umstrittenen Gewässern auszubauen, Marinepatrouillen zu erweitern und die Sicherheitskooperation mit den USA und gleichgesinnten Mächten auszuweiten. Im Februar hatten die USA mit Japan, Australien und Indien weitere Gespräche geführt, um die sogenannte Quad zu formalisieren, ein pazifisches maritimes Bündnis der vier Länder, das ein Gegengewicht zu China bilden soll. Zwar spielten die vier Staaten in einer gemeinsamen Erklärung die Ängste vor einem neuen Kalten Krieg mit China herunter; doch in Peking wird die Quad nur als »asiatische Nato« bezeichnet.

Darüber hinaus gibt es Anzeichen, dass weitere wichtige Verbündete der USA sich deren Bestreben anschließen wollen, Chinas Territorialansprüche zurückzuweisen. Im Februar enthüllte die französische Verteidigungsministerin Florence Parly, dass das Land bereits ein U-Boot in das umstrittene Gebiet entsandt hat, während Großbritannien und auch Deutschland in den kommenden Monaten ebenfalls größere Übungen in den an China angrenzenden Gewässern geplant haben sollen.

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