Lockdown und Lockerungen

Öffnungsbeschlüsse stoßen auf massive Kritik

Private Kontakte zuerst: Wie Bund und Länder in ihrer virtuellen Beratungsrunde am Mittwoch beschlossen haben, sollen vom kommenden Montag an die Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich etwas gelockert werden. Treffen dürften sich dann wieder fünf Menschen aus zwei Haushalten. Kinder bis 14 Jahre werden dabei nicht mitgerechnet. Zur Zeit sind nur Treffen einer Person mit einem anderen Haushalt erlaubt. Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 sollen sich bis zu zehn Personen aus drei Haushalten treffen können.

Weitergehende Öffnungsschritte sollen den Beschlüssen zufolge dann einem Stufenplan folgen. Wenn in einer Kommune zwei Wochen nach den ersten Öffnungen (22. März) die Zahl der Neuansteckungen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen unter 50 liegt, sollen etwa Bereiche des Handels, Zoos und Galerien öffnen dürfen. Ist dieser Wert erneut zwei Wochen später (5. April) weiter stabil, soll es wieder Außengastronomie geben, Teile des Kulturlebens könnten öffnen. Bleibt es für weitere 14 Tage bei der Inzidenz, sollen weitere Bereiche von Einzelhandel, Sport und Kultur öffnen dürfen. Sollte die Sieben-Tage-Inzidenz erneut auf über 100 steigen, soll eine »Notbremse« greifen, die Lockerungen zurückgenommen werden und die betroffene Region auf die vorherige Öffnungsstufe zurückfallen.

Flankiert werden sollen diese Schritte mit massenhaften Schnelltests und einer Beschleunigung der Impfungen. Personal und Kinder in Kitas und Schulen sollen mindestens einmal pro Woche getestet werden, ebenso Arbeitnehmer. Bei letzteren sollen die Kosten für die Testungen von den Arbeitgebern übernommen werden. Alle Bürger sollen sich zudem einmal pro Woche bei entsprechenden Stellen kostenlos testen lassen können. Diese Teststrategie soll bis Anfang April schrittweise umgesetzt werden. Spätestens im April sollen zudem Haus- und Fachärzte Corona-Impfungen vornehmen, um das Impf-Tempo zu erhöhen.

Damit es in Zukunft vor allem mit der Testung funktioniert, sollen dem Beschluss zufolge Bund und Länder eine »Taskforce Testlogistik« bilden, die gemeinsam von den Bundesministerien für Gesundheit und für Verkehr und digitale Infrastruktur geleitet werden soll - sprich: von Jens Spahn (CDU) und Andreas Scheuer (CSU).

Speziell diese Taskforce sowie die Beschlüsse insgesamt stößt bei der Linken auf scharfe Kritik. Die neue Linke-Vorsitzende Janine Wissler etwa hält die Richtung der neuen Corona-Beschlüsse für falsch. Inzidenzwerte dürften nicht nach Interessenslage angepasst werden, so Wissler am Donnerstag in Wiesbaden. Die bei der Bund-Länder-Schalte vereinbarte »Notbremse« sei mit der 100er-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen viel zu hoch. Die einzelnen geplanten Öffnungsschritte seien weder nachvollziehbar noch kontrollierbar. Sie wiesen in Richtung dritter Welle und erneuter harter Corona-Beschränkungen. »Das ist das Ergebnis, wenn Interessen vor wissenschaftlicher Erkenntnis gehen.«

Auch Amira Mohamed Ali, Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, macht der Runde massive Vorwürfe. »Das Corona-Management der Bundesregierung ist inzwischen eine einzige Vollkatastrophe: Keine einheitliche Linie, schwerste Versäumnisse und eine realitätsferne Wünsch-dir-was-Mentalität. Das nicht nachvollziehbare Hin und Her bei den Inzidenzwerten untergräbt das Vertrauen in die Corona-Politik der Bundesregierung weiter.« Dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) »jetzt für die Logistik der zentral wichtigen Selbsttests die Katastrophenminister Spahn und Scheuer verantwortlich macht, wäre ein guter Witz, wenn wir nicht in einer entscheidenden Phase einer Jahrhundertpandemie stecken würden«, so Ali. Damit Öffnungen verantwortungsvoll geschehen könnten, brauche es »etablierte und funktionierende Massenselbsttests und ein viel höheres Tempo bei den Impfungen«. Mit Agenturen

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