Vizepremier zieht es in Region Madrid

Podemos-Chef will die spanische Hauptstadtregion erobern. Más Madrid will sich nicht vereinnahmen lassen

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.

In Spanien kommt die politische Lage ins Rutschen. Das Beben, das in der Mittelmeerregion Murcia seinen Ausgang nahm, führt nun zu Neuwahlen in der Hauptstadtregion Madrid. Dort wird am 4. Mai eine Wahlschlacht geschlagen, in die mit Pablo Iglesias der bisherige spanische Vize-Ministerpräsident und Chef der Linkskoalition Unidas Podemos (UP) zieht. Er will die Regionalfürstin der ultrakonservativen Volkspartei (PP), Isabel Díaz Ayuso, aus dem Amt jagen. Ayuso strebt eine Koalition mit der ultrarechten Vox an, die noch rechts von der deutschen AfD steht. »Ich habe keine Probleme, einen Pakt mit Vox zu schließen«, erklärte Ayuso mit Blick auf die Anhänger der Franco-Diktatur. Es gehe um »Kommunismus oder Freiheit«, meint Ayuso. Ihrer Ansicht nach stehen all die auf »der richtigen Seite der Geschichte«, die als »Faschisten« bezeichnet werden.

»Die Demokratie wird durch eine neue Rechte à la Trump bedroht«, hatte dagegen Iglesias erklärt. Der UP-Chef wirbt auch in Fernsehinterviews nun dafür, dass die gespaltene Linke in einer gemeinsamen Kandidatur antritt. Dafür müssten alte Streitereien vergessen werden, denn es bestehe die »Gefahr, dass die Ultrarechte regiert«, weshalb »die Demokratie auf dem Spiel« stehe.

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Bei seinem früheren Freund und Podemos-Mitbegründer Íñigo Errejón stößt sein Vorstoß auf wenig Begeisterung. Dessen Formation Más Madrid (Mehr Madrid) will nicht gemeinsam mit UP antreten. Als Errejón 2019 für eine gemeinsame Kandidatur eingetreten sei, »wurde er aus Podemos geworfen«, erinnerte die Ex-Freundin von Iglesias und Más Madrid-Parlamentarierin Tania Sánchez. Für die Bürgerkandidatur will Mónica García Präsidentin von Madrid werden. Sie will der »Leichtsinnigkeit von Ayuso, mitten in der Pandemie Neuwahlen anzusetzen, nicht mehr Spektakel und Testosteron hinzufügen«, sagt sie.

»Wir Frauen wissen, wie man die extreme Rechte stoppt«, erklärte die beliebte Ärztin, die sich nicht von Iglesias zur Seite drängen lassen will. Sie sei aber »zur Kooperation bereit«. Mit Blick auf die Sozialdemokraten (PSOE) ist sie überzeugt, dass drei Formationen besser geeignet sind, um die Wähler in der Pandemie und noch dazu an einem Wochentag zu mobilisieren.

Más Madrid will sich von Iglesias nicht über eine Kandidatur vereinnahmen lassen. Dessen Formation erhielt bei den vergangenen Wahlen 2019 ohnehin nur 5,6 Prozent, Más Madrid dagegen 15 Prozent. In der Hauptstadt, wo Iglesias bei Kommunalwahlen ebenfalls eine gemeinsame Kandidatur boykottiert hatte, scheiterte er sogar an der Fünf-Prozent-Hürde. Die linke Manuela Carmena gewann die Wahlen mit 31 Prozent für Más Madrid klar, konnte aber gegen die Rechtsfront nicht Bürgermeisterin bleiben.

Die Wahlen hatte Ayuso eilig angesetzt, um zwei konstruktiven Misstrauensanträgen zuvorzukommen, mit dem sie vermutlich gestürzt worden wäre. Auch in den rechts-neoliberalen Ciudadanos (Cs) wurde der Unmut über ihre Politik immer größer. Sie kam dem durch die umstrittene Auflösung des Parlaments zuvor. Auslöser für Ayusos Flucht nach vorne war, dass die Cs gemeinsam mit den Sozialdemokraten (PSOE) in Murcia einen konstruktiven Misstrauensantrag gegen die PP-Regierung eingebracht hatten.

Der führt aber dazu, dass sich die ohnehin in einer Krise befindlichen Cs nun vollständig zerlegen. So war ihr ehemaliger Organisationssekretär Fran Hervías federführend an einem Korruptionsskandal beteiligt, der am Wochenende vor allen Augen ablief. Bevor er in die PP übertrat, zog Hervías im Hintergrund die Strippen beim Einkauf von drei Cs-Parlamentariern in Murcia, wie veröffentlichte Chats und Telefonate zeigen. Obwohl die drei den Misstrauensantrag mit ihrer Unterschrift unterstützt hatten, stellten sie sich plötzlich dagegen. Damit ist der Antrag praktisch zum Scheitern verurteilt. Das wurde aber von der PP-Regionalregierung damit belohnt, dass die drei auf Ministersessel gehoben wurden. Immer mehr Cs-Kader verlassen nun das sinkende Schiff, wie auch der Cs-Regionalchef in Valencia Toni Cantó.

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