Streiken für 1,5-Grad-Koalitionsverträge

Fridays for Future ruft zum siebten Mal zum globalen Protest auf - über 200 Ortsgruppen planen bundesweit Aktionen und Kundgebungen

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Klimastreikbewegung Fridays for Future (FFF) hat für Freitag zum siebten globalen Klimastreik aufgerufen. Auch wenn aufgrund der Corona-Pandemie die letzten Proteste im vergangenen September eher kleiner ausgefallen waren und die mediale Aufmerksamkeit sich verstärkt anderen Themen widmet, zeigen sich die Aktivist*innen kämpferisch. «Dieses Jahr wird in mehr als sieben wichtigen Wahlen viel entschieden - wir fordern krisenfeste Wahlprogramme, mobilisieren Wahlentscheidungen für die Zukunft und kämpfen für 1,5-Grad-Koalitionsverträge», heißt es im Streikaufruf.

Auch die aktuelle deutsche Politik wird scharf kritisiert. «Weil heute strahlend erklärt wird, man habe nun Klimaziele erreicht, noch mal von vorne: Deutsche Klimaziele sind nicht vereinbar mit Paris», erklärte jüngst eine der Bewegungssprecher*innen, Luisa Neubauer. Die deutsche Klimabilanz sei nachgewiesenermaßen eine Bilanz verfehlter globaler Ziele und blockierter Transformationen, so die Aktivistin. «Der Bundesregierung für die Erreichung der deutschen Klimaziele zu loben, ist etwa so, als würde man einem Autobauer für sein neues Auto gratulieren, das zwar den ›eigenen Standards‹ entspricht, aber leider durch den TÜV fällt.» Nach Angaben der Bewegung haben bundesweit über 200 Ortsgruppen kreative Aktionen und Kundgebungen für den Klimastreik geplant.

Wer daran nicht teilnehmen kann, soll sich dafür an einem parallelen «Online-Streik» beteiligen. Dabei können sich Interessierte am Freitag ab 9 Uhr auf einer interaktiven Karte unter fridaysforfuture.de eintragen und dort ein Foto hochladen. Gepostet werden sollen die Bilder zudem in sozialen Netzwerken unter den Hashtags AlleFür1Komma5 und NoMoreEmptyPromises (keine weiteren leeren Versprechen). Vorschläge lauten unter anderem, mittels Kreide Botschaften auf die Straße zu malen oder Transparente und Plakate öffentlich anzubringen. Um 12 Uhr wird es zudem auf dem Youtube-Kanal von FFF einen Onlinestream geben, der von den Protesten berichtet. Verschiedene Prominente, Musiker*innen und Aktivist*innen aus der ganzen Welt sollen sich daran beteiligen.

Die geplanten Kundgebungen sind wiederum lokal sehr unterschiedlich geplant - die Einhaltung Corona-kompatibler Sicherheitsmaßnahmen ist jedoch generell den Organisator*innen wichtig. In Berlin beispielsweise soll es am Nachmittag eine antikapitalistische Fahrraddemo vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz geben, dazu weitere Fahrraddemos mittags am Rathaus Steglitz und in Spandau. Eine Bootsdemonstration wird um 13 Uhr an der Insel der Jugend in Treptow starten. Für den Abend lädt wiederum die Berliner Ortsgruppe vor das Bundesverkehrsministerium im Stadtteil Mitte zum Openair-Fahrradkino ein. Den dafür notwendigen Strom sollen die Zuschauer*innen mit ihrer Muskelkraft erzeugen.

In anderen Städten treten derweil neue Bündnisse in Erscheinung. Im Schleswig-Holsteinischen Rendsburg etwa wendet sich eine Allianz aus der lokalen FFF-Gruppe, der IG-Metall, der Gruppe People4Future sowie der Ökumene mit einem Appell an die Bürgermeisterin Janet Sönnichsen. «Die Coronakrise, die anhängende Wirtschaftskrise und die Klimakrise bilden eine existenzielle Gefahr für unsere Zukunft und die der Kommune - die Krisen müssen gesamtgesellschaftlich angegangen und gelöst werden», heißt es darin. Gefordert werden bis 2030 unter anderem eine autofreie Innenstadt, ein fahrscheinloser und solidarisch finanzierter ÖPNV, die Beseitigung von Leerstand, Unterstützung für den lokalen Handel, tariflich gesicherte Industriearbeitsplätze, eine Ausweitung von Kulturangeboten und bessere Arbeitsbedingungen für systemrelevantes Kita-Personal. «Die öffentliche Infrastruktur bröckelt und lokale Gewerbetreibende bluten finanziell aus», sagte der lokale FFF-Aktivist Maximilian Reimers gegenüber «nd». Die Corona-Wirtschaftskrise drohe so noch vor dem «Klimakollaps» der Gegend den «letzten Sargnagel» zu verpassen. Man wolle als neue Stadtallianz dagegen ein «anderes» Rendsburg - eine respektvolle, klimagerechte und sozial gerechte« Kommune.

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