Handbremse statt Zauberstaub

Kurt Stenger über die in den Sand gesetzte Lockerungsstrategie

Und wieder mussten die Chefs aus Bundes- und Landespolitik über den Umgang mit der Corona-Pandemie beraten. Wie nun die Handbremse genau angezogen wird und welche Ausnahmen es zum Osterfest geben soll? Dass genau ein Jahr nach dem ersten Lockdown immer noch über alle möglichen neuen Details in der kleinen Runde gestritten wird, ist eigentlich ein Unding. Mit dem ständigen Hin und Her zwischen Ver- und Entschärfung hat die Politik einen großen Rückhalt in der Bevölkerung verspielt, wie ihn »die da oben« seit vielen Jahren in Deutschland nicht mehr hatten.

Vor allem rächt sich, dass Bund und Länder nie eine langfristige Strategie für den Kampf gegen Sars-CoV-2 entwickelten. Und das wohl auch nicht wollten, da man lieber signalisierte, dass das Virus wie schon im Frühjahr 2020 einfach mit einem wenige Wochen andauernden Lockdown wegzuzaubern ist. Doch da dies nicht klappt, mussten sich die Bürger ständig auf neue Regelungen einstellen, die mit Blick auf die Eindämmung des Virus zum Teil unsinnig oder kontraproduktiv sind. Wenn Ad-hoc-Verbote zum Dauerzustand werden, verlieren die Leute die Geduld. Und die pseudo-liberale FDP wird zum politischen Coronakrisengewinner.

Mit dem falschen Versprechen, bald zur Normalität zurückkehren, hat man letztlich auch die ersehnten ersten Lockerungsschritte in den Sand gesetzt. Hier wäre dank vorliegender Hygienekonzepte eigentlich mehr möglich - aber nur, wenn flächendeckend getestet und die Kontaktnachverfolgung verbessert wird. Doch statt rasch diese Voraussetzungen zu schaffen, wurde überstürzt mit Lockerungen begonnen. Mit dem Ergebnis, dass man nun die Handbremse ziehen muss, was extrem unpopulär ist. Es bleibt aber nichts anderes übrig, wenn der versprochene Corona-Zauberstab fehlt.

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