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Windräder stören märkischen Frieden

Freie Wähler kritisieren Intransparenz im Antrags- und Genehmigungsverfahren für den Bau neuer Windräder

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Trotz eines gerichtlichen Moratoriums für den Bau von weiteren Windkraftanlagen werden lokal neue Räder errichtet und genehmigt. Das kritisierte der Abgeordnete Philip Zeschmann von der Fraktion BVB/Freie Wähler am Dienstag im Landtag. Er forderte Geltung für »Recht und Gesetz« auch in diesem Punkt. Antrags- und Genehmigungsverfahren müssten in jedem Stadium transparent sein, Abwägungen und Entscheidungen seien so zu veröffentlichen »dass man sie wirklich lesen kann«.

Als kritikwürdiges Beispiel für zunehmende Undurchsichtigkeit der Vorgänge gelten den Freien Wählern die Vorgänge in der Stadt Müncheberg, östlich von Berlin. Der Spezialist für Energiefragen der Fraktion, Robert Soyka, sprach von Plänen, mehrere gigantische Windkraftanlagen mit einer Höhe von 240 Metern und einer Leistung von je 5,4 Megawatt (MW) in einem alten Stadtwald zu errichten. Der liege in der Nähe von mehreren Natur- und Vogelschutzgebieten, darunter der Märkischen Schweiz. Der Bauantrag betreffe sieben Anlagen auf städtischem Gelände sowie fünf weitere in Privatwäldern. Betroffen seien geschützte Vogelarten wie der Rotmilan, Weißstorch und Kranich. Letzterer müsste auf seinem Weg zwischen von Nist- und Brutflächen zu den Futterplätzen das als Windkraft-Eignungsgebiet ausgewiesene Areal durchqueren. Würden die »tierökologischen Abstandskriterien« Geltung besitzen, wären nach Soykas Worten die Anlagen »überhaupt nicht genehmigungsfähig«.

Manfred André, Vertreter der Gruppe Unabhängige Wähler Müncheberg, warf der Stadtverwaltung undurchsichtiges Agieren vor. Obwohl dreimal hintereinander die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung versagt worden sei, habe sich die Stadt nicht zum Abbruch der Vorgespräche mit dem Investor und einer Kündigung der Nutzungsverträge entschließen können, vielmehr gingen die Verhandlungen weiter und würden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Zwar habe die Vertreterin der Wählergruppe als Abgeordnete dort Zutritt, doch sei sie an eine »gewisse Schweigepflicht« gebunden.

Der Bau solle in einem Waldgebiet stattfinden, das vor einigen Jahren als Mischwald aufgeforstet wurde. Störende Holzschlagarbeiten im Stadtwald würden während der Brutzeiten der Vögel durchgeführt, und die Kommunalbehörden hätten der Bundespolizei Hubschrauber-Testflüge genehmigt.

Die Stadt Müncheberg wäre mit acht Kilometern Entfernung Abstand weniger von den Störungen der Windräder betroffen, der rund einen Kilometer entfernte Ortsteil um so mehr, so Soyka. Die ursprünglich festgelegten Abstandsreglungen stünden in keinem Verhältnis zu den gewaltigen Anlagen, die inzwischen die Windräder der ersten Generation ersetzen. Ihm zufolge ist derzeit die fachgerechte Entsorgung abgebauter Windkraftanlagen noch nicht geregelt, in Südbrandenburg würden sie einfach »irgendwo« auf einen Haufen geworfen und liegen gelassen.

In Brandenburg stehen derzeit rund 4000 Windräder mit einer Gesamtleistung von derzeit 7500 Megawatt. Der größte Teil von ihnen gehört noch einer frühen Generation an, ist vergleichsweise niedrig und leistungsschwach. Wirtschaftlich seien alle nicht zu betreiben, so Soyka. »Wenn Wind weht, speisen alle ein, es kommt zu einem Überangebot an Strom und der Preis sinkt auf ein bis zwei Cent je Kilowattstunde.« Erst recht, wenn die Landesregierung ihre Ausbauziele - 10 500 Windräder - tatsächlich umsetze.

Nur die permanenten Subventionen, wie die Politik sie veranlasst habe, würde das Betreiben solcher Windräder für die Eigentümer lukrativ machen. Entgegen ursprünglicher Hoffnungen gebe es kein funktionsfähiges Verfahren der Energiespeicherung im notwendigen Umfang, was aber Voraussetzung für ein wirtschaftliches Betreiben dieser Anlagen wäre. Zu den ungelösten, gleichwohl kostenaufwendigen Fragen gehöre neben Abbau ausgedienter Windräder auch die Beseitigung der zum Teil sehr tiefen und massiven Fundamente und die Wiederaufforstung der Gebiete.

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