»CDU und AfD nutzen ihre Mehrheit«

Plauener Demokratiebündnis erhebt Vorwürfe gegen den Stadtrat, nachdem dieser die Mittel gekürzt hatte

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Stadtrat im sächsischen Plauen hat kürzlich mit den Stimmen von CDU, AfD und der Nazipartei III. Weg die Zuschüsse für das Bündnis für Demokratie, Toleranz und Zivilcourage in den Jahren 2021 und 2022 gestrichen. Vorher waren 8000 Euro reserviert. Welche Folgen hat das nun für Ihre Arbeit?

Felix Bräunlich: Unser Ziel ist es, den demokratiefeindlichen Tendenzen in Plauen entgegenzuwirken. Das wird jetzt nach dieser Entscheidung erheblich erschwert. Veranstaltungen zur politischen Bildung werden wir nur dank großen ehrenamtlichen Engagements weiter durchführen können. Die Entscheidung im Stadtrat war daher ein Schock für uns.

Charlotte Roffalski: Es gab bisher eine Koordinatorin im Bündnis, die sich um die organisatorischen Fragen gekümmert und dafür eine kleine Entschädigung erhalten hat. Auch dafür fehlen jetzt die Mittel. Wir sind jetzt vollständig auf ehrenamtliches Engagement angewiesen.


Welche Aktivitäten gab es zuletzt im Bündnis?

Bräunlich: Das Spektrum reicht derzeit von Vorträgen und Ausstellungen über Demokratiefeste und Gedenkveranstaltungen bis zu einem Podcast zu Erfahrungen mit Alltagsrassismus. Das sind Aktivitäten, mit denen wir uns den Bedingungen der gegenwärtigen Coronakrise anpassen. Wann immer es möglich ist, stellen wir uns Aufmärschen und Veranstaltungen von antidemokratischen Kräften entgegen. Im November vergangenen Jahres haben wir den Protest gegen eine Veranstaltung des III. Wegs organisiert, der am Wendedenkmal in Plauen für einen Aufstand gegen die angebliche heutige Diktatur mobilisieren wollte. Wir versuchen, solche Proteste immer mit einem kreativen, humorvollen und einladenden Angebot für Passanten und Unterstützende zu verbinden.


Welche Rolle spielt der III. Weg in Plauen und für Ihre Arbeit?

Roffalski: Diese Partei hat in Plauen praktisch einen ganzen Stadtteil besetzt. Sie betreibt dort ein eigenes Haus mit sozialen Angeboten und etabliert eine Art Parallelstruktur. Wir halten es für sehr wichtig, den III. Weg aus Plauen zu verdrängen. Das Bündnis hat jetzt eine eigene Gruppe zu dem Thema gebildet. Wir brauchen die Braunen hier nicht.


Das Bündnis ist im Januar aus einem Runden Tisch hervorgegangen, in dem es zuletzt einige Querelen gab. Die CDU hat daraufhin ihre Mitarbeit ruhen lassen. Wie würden Sie jetzt das Klima beschreiben?

Bräunlich: Seit es das neue Bündnis gibt, hat die CDU nicht mehr mitgearbeitet. Ansonsten gibt es ein sehr breites Spektrum von Beteiligten und das Verhältnis untereinander ist sehr kollegial, auch wenn wir zu vielen politischen Themen sehr unterschiedliche Positionen vertreten. In der Arbeit des Bündnisses lassen wir das außen vor und stellen den Erhalt der Demokratie in den Mittelpunkt.


Die Mittel für Ihr Demokratiebündnis hat im Plauener Stadtrat eine Mehrheit aus CDU, AfD und III. Weg gestrichen. War dieses Abstimmungsverhalten eine Ausnahme?

Roffalski: Die Ratsfraktion der CDU vertritt sehr rechtskonservative Positionen. Sie betrachtet alles links von ihr mit Argwohn und pflegt ein fast freundschaftliches Verhältnis zur AfD. Und wenn wir zum Engagement gegen neonazistische Aktivitäten aufrufen, wie sie der III. Weg betreibt, heißt es von ihnen: Ja, aber der Linksextremismus! Als ob das in Plauen ernsthaft ein Problem wäre. CDU und AfD haben im Rat zusammen faktisch eine Mehrheit und nutzen diese auch. Für die Oberbürgermeisterwahl, die in Plauen im Juni ansteht, verheißt das nichts Gutes. Der Abgrenzungsbeschluss, den es in der CDU offiziell gibt, ist hier nichts wert.


Für Ihr Bündnis gäbe es in Plauen einiges zu tun; Geld von der Stadt gibt es aber nicht. Können andere in die Bresche springen?

Bräunlich: Das Bündnis wird hoffentlich bald einen neuen Träger bekommen, nachdem sich die Kirche aus dieser Rolle zurückgezogen hat. Vielleicht verbessert das auch die finanzielle Lage. Auch Spenden würden uns helfen. Im Moment gibt es aber leider viele offene Fragen.

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