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  • Internationaler Tag der Rom*nja

Kampf gegen Vorurteile

Am internationalen Tag der Rom*nja setzen Betroffene ein Zeichen gegen Diskriminierung

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Um ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Rom*nja zu setzen, werden am heutigen Donnerstag zehn Berliner Bezirke die Roma-Flagge hissen. Das rote Speichenrad auf blau-grünem Grund soll ein Statement für Respekt und Gleichberechtigung sowie gegen Ausgrenzung sein. Anlass ist der internationale Tag der Rom*nja, der sich in diesem Jahr zum 50. Mal jährt. Er erinnert an den ersten Internationalen Roma-Kongress für soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, der 1971 in London stattfand.

In den letzten 50 Jahren habe sich viel getan, lobt Georgi Ivanov vom Verein Amaro Foro, einem transkulturellen Jugendverband von Rom*nja und Nicht-Rom*nja: »In Berlin hat sich politisch vieles positiv verändert«, sagt Ivanov mit Blick auf den Berliner Aktionsplan zur Einbeziehung ausländischer Roma sowie den Roma-Beirat, der für mehr politische Teilhabe von Berliner*innen mit Roma-Hintergrund sorgen soll. »Berlin ist hier bundes-, aber auch europaweit Vorreiter«, zeigt sich Ivanov zufrieden.

Der Kampf gegen Diskriminierung ist damit aber noch lange nicht vorbei: »Auf Bundesebene wird die sozialrechtliche Situation von EU-Bürger*innen in Deutschland zunehmend erschwert und die Menschen in die Verelendung getrieben«, kritisiert Ivanov. Durch antiziganistische Klischees würden besonders Menschen aus Bulgarien und Rumänien oft strukturell benachteiligt und unter pauschalen Betrugsverdacht gestellt. Amaro Foro wirft Jobcentern vor, in ihrem Kampf gegen »bandenmäßigen Leistungsmissbrauch« an Migrant*innen aus Südosteuropa unverhältnismäßige Anforderungen und Nachfragen zu stellen. Die pauschale Unterstellung, Sozialleistungen zu erschleichen, zeigt sich auch beim Kindergeld, wo Menschen aus Rumänien oder Bulgarien von monate- bis jahrelangen Wartezeiten für die Beantwortung ihrer Anträge berichten - obwohl der normale Bearbeitungszeitraum bei einigen Wochen liegt.

Der Wohlfahrtsverband Diakonie kritisiert anlässlich des Romaday die geltenden Regelungen, wonach arbeitssuchende ausländische EU-Bürger*innen fünf Jahre keinen Zugang zu Sozialleistungen haben als »Hürde für umfassende soziale Teilhabe« von Rom*nja. »Ohne zumindest anfängliche finanzielle Unterstützung besteht kaum eine Chance, Wohnung und Arbeit zu finden. Wenn Roma aus anderen EU-Staaten als Arbeitsuchende zu uns kommen, brauchen sie jedoch Unterstützung, schnellstmöglich Arbeit zu finden statt sie - trotz Bedürftigkeit - von Sozialleistungen komplett auszuschließen«, so Vorstandsmitglied Maria Loheide.

Auch im Bereich der Bildung sind Sinti und Roma einer neuen Studie zufolge benachteiligt. »Bei Benachteiligungen beim Zugang zu Bildung, Arbeit, Wohnraum und Gesundheitsversorgung dürfen wir nicht wegsehen, sondern müssen uns für ihre Beseitigung stark machen«, so die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler (SPD). Die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), kritisiert »massive rassistische Einstellungen gegenüber Rom*nja« in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft.

Um auf die Situation der Rom*nja aufmerksam zu machen, findet am Donnerstag um 15 Uhr eine Kundgebung am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas statt. Es erinnert seit 2012 an die rund eine halbe Million Sinti und Roma, die im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen ermordet wurden. Roma-Verbände fürchten, dass das Denkmal zwischen Reichstagsgebäude und Brandenburger Tor durch die Untertunnelung im Rahmen der geplanten Bauarbeiten des Nord-Süd-Tunnels für die S-Bahn beeinträchtigt wird.

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