Ein »Dorf in Germanien«

Ein hessischer Unternehmer will im sächsischen Ostritz einen rechten Stützpunkt errichten

  • Kai Budler
  • Lesedauer: 3 Min.

Markige Sprüche sind nichts Neues für Hans-Peter Fischer aus Südhessen. Nachdem seine »Freie Liste Biblis« 2016 mit rund 31 Prozent der abgegebenen Stimmen zweitstärkste Kraft in der Gemeindevertretung Biblis geworden war, wollte der südhessische Unternehmer nun bei der Kommunalwahl fünf Jahre später die 40-Prozent-Marke knacken.

Ähnlich großspurig sind seine Pläne für das Gelände der alten Textilfabrik an der Neiße in Ostritz, auf dem nach Fischers Wünschen ein »Nationales Großzentrum Neiße-Tal« (NGN) entstehen soll. Nach der Wende hatte er das etwa drei Hektar große Areal gekauft, es befindet sich mit dem »Hotel Neißeblick« im Besitz der 1993 eingetragenen »Fimpex Fischer GmbH« mit ihrem Geschäftsführer Fischer. Das ehemalige Mitglied von NPD und Republikanern machte aus seinen politischen Sympathien nie ein Geheimnis.

Unter dem Motto »Probleme mit Raum- und Grundstücksanmietungen? Nicht bei uns!« warb Fischer für sein Projekt bereits 2012 im NPD-Blatt »Deutsche Stimme«. Seit Ende der 1990er Jahre profitiert er finanziell von extrem rechten Veranstaltungen, Rechtsrock-Konzerten und mehrtägigen Neonazi-Festivals sowie Parteitagen auf seinem Areal an der Grenze zu Polen. Doch mit der Pandemie versiegten auch Fischers einzige Einnahmen in Ostritz, der Hotelbetrieb ist eingestellt, das Gebäude behördlich gesperrt.

Fischer, der nach eigenen Angaben »schon seit 1969 für Deutschland aktiv unterwegs« ist, will mit seinem Anwesen nun »einen unangreifbaren Stützpunkt sowohl von den politischen Gegnern als auch den Behörden« schaffen, wie es in seinem Konzept heißt. Interessierte sollen Gesellschaftsanteile an seiner GmbH mit einer Größe von einem Quadratmeter für 28 Euro pro Anteil erwerben, um so als Anteilseigner »über ein entsprechendes Eigentums- und Nutzungsrecht an den Grundstücken, Gebäuden und Inventar« zu verfügen.

Sollten 1000 Personen Anteile mit 30 Quadratmetern erworben haben, könnten die Behörden den Besitzern keine Betretungsverbote mehr aussprechen, glaubt Fischer. Das von ihm angepriesene »Dorf in Germanien« dürfte allein für den Unternehmer ein gutes Geschäftsmodell sein, um Aufmerksamkeit zu erregen und die Einnahmeausfälle während der Pandemie auszugleichen. Ohnehin will der 72-Jährige das Grundstück seit längerem loswerden, doch potenzielle Interessenten sprangen immer wieder ab.

Zuletzt hatte ein Unternehmer aus Berlin Interesse angemeldet, der auf dem Hotelgelände ein Fuhrunternehmen aufbauen und einen Campingplatz einrichten wollte. Im Gespräch war ein Kaufpreis von 500 000 Euro. Doch inzwischen hat sich der Selbstständige vom Kauf zurückgezogen, die Stadt Ostritz hat für das Gelände eine Veränderungssperre erlassen.

Und so könnte Fischers hochtrabender Plan ähnlich enden wie der herbeigesehnte Erfolg seiner »Freien Liste Biblis« bei der jüngsten Kommunalwahl in Hessen. Statt die anvisierte 40-Prozent-Marke zu knacken, fiel das letztliche Ergebnis bei der Wahl im März auf 19,3 Prozent ab.

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