Ecuadors nächster Rechtsruck

Der Neoliberale Guillermo Lasso gewinnt die Präsidentschaftswahlen

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 4 Min.

Der linke Kandidat Andrés Arauz hat seinen Vorsprung aus dem ersten Wahlgang aus der Hand gegeben. Da lag er 13 Prozentpunkte vor Guillermo Lasso, der es nur knapp in die Stichwahl schaffte - begleitet von Manipulationsvorwürfen aus dem indigenen Lager um Yaku Pérez, der während der Auszählung lange an zweiter Stelle lag. Arauz galt zunächst als Favorit für die Stichwahl, doch der konservative Banker aus Guayaquil hat auf der Zielgraden den politischen Ziehsohn von Ex-Präsident Rafael Correa (2007-2017), den Begründer des Correísmo, abgefangen. 52,41 Prozent der gültigen Stimmen für Lasso gegenüber 47,59 für Arauz lautet das Ergebnis des Nationalen Wahlrats (CNE) nach Auszählung von 98,83 Prozent der gültigen Stimmen.

»Das Ergebnis ist für den Correísmo ein Desaster und für Ecuador eine schlechte Nachricht«, erklärt Alberto Acosta gegenüber »nd«. Für den Umweltökonomen hat das »Weiter so« in Ecuador gewonnen, denn beide Kandidaten hatten sich laut Medienberichten bereits im Vorfeld des Urnengangs mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) abgestimmt. Die Finanzinstitution hält Ecuador mit Krediten seit knapp drei Jahren über Wasser. Als Gegenleistung unterwirft sich Quito den sattsam bekannten Strukturanpassungsprogrammen des IWF, eine Kombination aus Kürzungen und der Deregulierung der Märkte. Das ist ganz nach dem Geschmack von Guillermo Lasso, der auf die Kräfte des Marktes und die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen setzt. Erdöl, aber auch Kupfer hat Ecuador in größeren Mengen zu bieten, Strom aus Wasserkraft soll zum Exportprodukt werden, so die Pläne. Die stammen noch aus der Ära des linksautoritären Präsidenten Rafael Correa und werden nun unter einem konservativen Präsidenten vorangetrieben, so Acosta.

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Arauz und auch Correa aus dem belgischen Exil haben die Niederlage anerkannt und Lasso gratuliert. Dabei machen sie allerdings auch die politische Konkurrenz von Yaku Pérez und Pachakutik verantwortlich, die ihnen mit ihrer Kampagne für ein »voto nulo ideológico«, ein »ideologisches ungültig Wählen«, den Sieg genommen hätten. Auf 1,7 Millionen belaufen sich die ungültigen Stimmen, weitere 170 000 Wahlzettel wurden weiß abgegeben und rund 2,2 Millionen Wähler*innen haben ihre Wahlpflicht verweigert. Das ist bei 13 Millionen Wahlberechtigten eine beachtliche Minderheit, die den beiden Kandidaten der traditionellen Parteien die Gefolgschaft verweigerte. »Dahinter verbirgt sich zum einen die indigene Bewegung, zum anderen eine neue Linke und bereits jetzt zeichnen sich die politischen Konflikte mit der Regierung Lasso ab«, meint Juan Cuvi, Direktor der Stiftung Donum aus der drittgrößten Stadt des Landes, Cuenca.

Gegenwind erwartet Lasso von der neuen umwelt- und minderheitensensiblen Linken. Das Gesicht dieser Bewegung heißt Yaku Pérez. Er steht an der Spitze der indigenen Partei Pachakutik, die über 37 der 137 Mandate im Parlament verfügt. Dort hat Präsident Lasso keine Mehrheit, sondern kann sich nur auf die 30 Stimmen der christsozialen PSC und seiner Partei CREO stützen. Stärkste Fraktion mit 49 Abgeordneten ist die UNES von Andrés Arauz, sodass sich Lasso aller Voraussicht nach arrangieren und Mehrheiten suchen muss. Schwerlich wird er diese mit Hilfe von Pachakutik und der sozialdemokratischen Izquierda Democrática mit ihren 18 Mandaten finden. Beide Parteien wollen in der »Minka für soziale Gerechtigkeit und Freiheit« zusammengehen und das Quechua-Wort Minka ist dabei Programm. Es steht für Gemeinschaftsarbeit und für gemeinsame politische Initiativen. Darauf haben sich ihre Abgeordneten verständigt.

Ecuadors gespaltene Linke verliert. Martin Ling über den Wahlsieg des neoliberalen Guillermo Lasso

Lasso steht einer Sperrminorität im Parlament gegenüber, die inhaltlich erste Pflöcke eingeschlagen hat. Der Kampf gegen den Klimawandel steht ganz oben auf der Agenda. Zudem sollen zukünftig keine Konzessionen für die Förderung von Öl und Erzen in Schutzgebieten und in der Nähe großer Trinkwasserreservoirs, Quellen und Feuchtgebiete ausgegeben werden. Diese klaren Vorgaben kollidieren mit der Agenda des liberalkonservativen Präsidenten, der am 24. Mai als Nachfolger des neoliberal gewendeten Lenín Moreno vereidigt wird. Konflikte sind programmiert.

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