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  • Berliner Hochschulgesetz

Raus aus den Befristungsspiralen

Neues Berliner Hochschulgesetz soll Arbeitsverhältnisse an Universitäten neu regeln

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Zeit drängt. »Ich würde mich freuen, wenn uns die große Änderung des Hochschulgesetzes noch in dieser Legislatur gelingt, auch wenn ich weiß, dass die Zeit dagegen spricht«, sagt Steffen Krach (SPD), Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, am Dienstagabend während einer Videokonferenz des »Netzwerk Demokratische Hochschule«. Landespolitiker*innen diskutieren hier mit Aktiven der Hochschulpolitik über den Gesetzentwurf der Wissenschaftsverwaltung. Nachdem die Verbände zum Entwurf inzwischen Stellung bezogen haben, muss dieser noch im Senat und im Abgeordnetenhaus Zustimmung finden.

Berlin ist Befristungsmeister

Die wissenschaftspolitischen Sprecher*innen der Koalitionsparteien sind sich einig, dass im Entwurf einige Stellen überarbeitet werden müssen. »Das Thema Gute Arbeit werden wir uns ganz sicher im Änderungsverfahren oder im parlamentarischen Verfahren noch mal umfangreich vornehmen«, sagt Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linkspartei. Zum Beispiel fehle noch eine Lösung dafür, dass es kaum unbefristete Stellen für Wissenschaftler*innen gibt.

»Wir müssen eine neue Personalstruktur bauen, wir müssen den Hochschulen Wege ermöglichen, wie sie aus den Befristungsspiralen rauskommen«, so Schulze. Berlin sei »Befristungsmeister« in Deutschland, was sowohl an der hohen Anzahl an Drittmittelprojekten liege, als auch an Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte. Eine neue Personalkategorie sei eine Möglichkeit, mehr unbefristete Arbeitsplätze an den Hochschulen zu schaffen. »Leute sollen direkt nach der Promotion in eine dauerhafte wissenschaftliche Karriere mit Entfristung einsteigen können«, sagt Schulze.

Professoren behalten Stimmmehrheit

Besonderer Diskussionsbedarf besteht bei den Teilnehmenden in der Frage der Umbenennung der Kategorie »Sonstige Mitarbeiter*innen«, ein Begriff, der von vielen Beschäftigten als abwertend empfunden wird. Mitarbeiter*innen in Verwaltung und Technik (MVT) ist ein Vorschlag, der im Chat der Konferenz diskutiert wird. Tobias Schulze appelliert an alle Beteiligten, sich auf einen gemeinsamen Vorschlag zu einigen, der dann in das Gesetz aufgenommen werden könne.

Nicht alle Teilnehmenden sind zufrieden mit dem bisherigen Entwurf des Hochschulgesetzes. »Die professorale Mehrheit in den Entscheidungsgremien der Hochschulen bleibt weiter bestehen«, beklagt Janik Besendorf im Namen der LandesAstenKonferenz (LAK) Berlin, dem Zusammenschluss der Berliner Studierendenschaften.

Die Studierenden treten für eine viertelparitätische Besetzung dieser Gremien ein. Das heißt, dass die vier Statusgruppen des Hochschulbetriebes - Professor*innen, Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, »Sonstige Mitarbeiter*innen« und Studierende - die gleiche Anzahl an Stimmen bekommen. Aktuell haben die Professor*innen in allen Gremien eine absolute Stimmmehrheit und können im Zweifelsfall alle anderen Statusgruppen überstimmen. »Die Viertelparität hätte eingeführt werden können im neuen Gesetz und das haben wir auch von einer rot-rot-grünen Landesregierung erwartet«, sagt Besendorf.

Staatssekretär Krach entgegnet, die rechtliche Absicherung für eine viertelparitätische Gremienbesetzung sei nicht gegeben, deshalb werde diese von Senatsseite nicht in den Entwurf aufgenommen werden. Verbesserungen für Studierende seien aber zum Beispiel durch Änderungen des Teilzeitstudiums und durch Abschaffung der Exmatrikulation erwirkt worden.

Dienststelle wird nicht abgeschafft

Eine gute Nachricht kann Krach in Richtung der Beschäftigten des Botanischen Gartens schicken: Die Dienststelle, welche Voraussetzung für das Bestehen des Personalrats ist, soll nicht, wie zunächst im Gesetzesentwurf vorgesehen, abgeschafft werden. Der entsprechende Teil sei aus dem Entwurf gestrichen worden, so der Staatssekretär.

Die Videokonferenz ist gut besucht, 160 Teilnehmende hören zu und diskutieren mit. »Wir freuen uns über das große Interesse und die Diskussionsbereitschaft bei allen Statusgruppen der Hochschulen«, sagt Besendorf »nd.derTag«. Nun hofft er, dass in der weiteren Überarbeitung des Gesetzes noch mehr progressive Änderungen aufgenommen werden. »Wir erwarten mehr Transparenz und Mitbestimmung in den Entscheidungsprozessen an den Hochschulen, und das kann durch das neue Gesetz geschaffen werden«, so Besendorf.

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