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Deutsche Wohnen & Co enteignen sammelt zehntausende Unterschriften an einem Tag

Das Scheitern des Mietendeckels gibt dem Enteignungs-Volksbegehren heftigen Rückenwind

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es waren sehr viele Menschen unterwegs«, sagt Kobi ganz begeistert. »An nur einem Tag konnten wir über 1800 Unterschriften sammeln.« Der junge Mann berichtet am Montagabend in der online stattfindenden Zoom-Konferenz des Teams Tempelhof-Schöneberg vom »Super-Sammel-Samstag« des Volksbegehrens Deutsche Wohnen & Co enteignen. »Berlinweit sind mehrere Zehntausend Unterschriften zusammengekommen«, sagt Sprecher Michael Prütz zu »nd«. »Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Mietendeckel vom Donnerstag hat uns noch einmal einen großen Schub gegeben«, so Prütz. Zu den bisher rund 1700 Mitgliedern der Sammelteams sind demnach noch Hunderte dazugestoßen.

Dutzende Sammler waren allein in Tempelhof-Schöneberg unterwegs, um das Ziel von rund 175 000 gültigen Unterstützerunterschriften zu erreichen. Bis 25. Juni müssen sie zusammenkommen, damit am 26. September parallel zu Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahl der Volksentscheid stattfinden kann. Ziel ist die Sozialisierung von renditeorientierten Vermietungskonzernen mit jeweils mindestens 3000 Wohnungen in Berlin.
Das Kiezteam Tempelhof-Schöneberg hat nun auch ein Hauptquartier an der Pallasstraße im Norden des Bezirks. »Das spricht sich langsam herum. Da schleppen Enkel inzwischen ihre Großeltern zum Unterschreiben an«, berichtet Unterstützerin Regine Wosnitza.

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Gesammelt wird auch in sogenannten Soliorten. Das sind Läden, wo Unterschriften ausliegen. Einer der bestlaufendsten Orte sei eine Filiale eines Lebensmittel-Rettermarkts an der Steglitzer Schloßstraße, berichtet Jacqueline: »Da hole ich 20 bis 50 Unterschriften pro Woche ab.« Dort würden vor allem Menschen ab 60 Jahren unterschreiben – eine ansonsten schwierig zu erreichende Zielgruppe.

Ein hartes Pflaster für Deutsche Wohnen & Co enteignen sind auch die Gebiete außerhalb des S-Bahnrings. Unter dem Motto »Keine Revolution ohne Außenbezirke« soll am Samstag eine Woche lang der Fokus speziell auf sie gelenkt werden. Lichtenrade, Mariendorf, Marienfelde – dorthin will die Bezirksgruppe ausschwärmen. Sebahat berichtet, bereits vor dem Edeka-Supermarkt am Westphalweg Unterschriften gesammelt zu haben. Auch bei Penny am Dardanellenweg waren bereits Teams unterwegs.

»Ich bin ein großer Fan davon geworden, an Orten zu sammeln, wo viele Leute sitzen. Nicht an großen Kreuzungen, wo viele Menschen an einem vorbeigehen«, sagt Kobi. »Ehrlich gesagt ist alles ziemlich hart. Der Markt Mariendorf war ziemlich demotivierend«, berichtet Bella. »Wenn wir einen Fokus auf die Außenbezirke lege, dann wird das kein 2000-Unterschriften-Wochenende«, befürchtet sie. Die Bewohnerschaft am Südrand des Bezirks sei relativ deutsch geprägt, habe einen relativ hohen Altersdurchschnitt und habe keine extremen Geldsorgen. »Es sind weniger die Leute, die gar nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen«, so Bella. Doch die Motivation ist hoch und die Kiezteams suchen sich vielversprechende Punkte auf der Online-Karte aus, in der auch die Bestände von Sozialisierungskandidaten verzeichnet sind.

»Vergesellschaftung kommt aus der Mitte der Gesellschaft und wird gemacht für die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner«, sagt Ralf Hoffrogge von der Initiative, nachdem am Montag ein breites Bündnis aus Mietervereinen, Gewerkschaften und auch die Naturfreunde einen Aufruf an ihre Mitglieder veröffentlicht haben, für das Volksbegehren zu unterschreiben.

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