• Politik
  • Steuerreform in Kolumbien

Sturm auf Kongressgebäude in Bogotá

Wut über neoliberale Steuerreform in Kolumbien / Proteste in über 500 Städten

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Bogotá. Die Wut in Kolumbien ist groß - da können auch die Rücknahme der degressiven Steuerreform und der Rücktritt von Finanzminister Alberto Carrasquilla nichts ändern. Tausende Menschen versammelten sich am Mittwoch an der zentralen Plaza de Bolívar unweit des Präsidentenpalastes, die meisten von ihnen mit Masken gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Die Polizei hinderte eine Gruppe von Demonstranten daran, ins Kongressgebäude vorzudringen. Sie setzte dabei Gummigeschosse und Tränengas ein.

Kolumbien erlebte am Mittwoch einen zweiten »nationalen Streik«, der den vorläufigen Höhepunkt von acht aufeinanderfolgenden Protesttagen gegen die Regierung markierte. Die Demonstrationen blieben vielerorts friedlich, in mehreren Städten kam es jedoch zu Zusammenstößen.

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Der erste »nationale Streik« war für den 28. April ausgerufen worden. Soziale Bewegungen und Gewerkschaften mobilisierten zum landesweiten Streik gegen die neoliberalen Reformen der rechten Regierung von Iván Duque. Der Slogan hieß: »Nein zur niederträchtigen Steuerreform, zum fatalen Umgang mit der Pandemie, und zur miserablen Regierung«.

Millionen von Menschen folgten dem Aufruf auf den Straßen oder machten ihrem Unmut mit Topfschlagen (»cacerolazo«) am geöffneten Fenster Luft. In über 500 Städten und Gemeinden des Landes gab es Proteste, zentrale Infrastruktur wurde blockiert, wie der Hafen in Buenaventura oder die südliche Verkehrsachse Panamericana. Auch in den folgenden Tagen und am 1. Mai gingen die Proteste weiter.

Lesen Sie auch: Während die ganze Welt kapitalistisch scheint, bauen Indigene im Südwesten Kolumbiens eine Alternative abseits des Staates auf.

Seit dem 28. April wurden laut der Nichtregierungsorganisation Temblores bis Mittwochmittag folgende Menschenrechtsverletzungen registriert: insgesamt 1708 Fälle von Polizeigewalt, darunter 37 Todesopfer, von denen mindestens 21 Jugendliche waren. Dazu kommen 831 willkürliche Verhaftungen und zehn offizielle Fälle von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt. Kolumbien wird so schnell nicht zur Ruhe kommen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal