+++ Bundes-Notbremse läuft aus +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Montag, 31. Mai 2021 +++ 350.000 Long-Covid-Patienten in Deutschland +++ Mehr Kontrollen für Testzentren gefordert +++ Müller fordert gerechtere Impfstoffverteilung +++

  • Lesedauer: 6 Min.

+++ Bundes-Notbremse läuft wohl wie geplant Ende Juni aus +++

Berlin. Die sogenannte Bundes-Notbremse wird voraussichtlich, wie im Gesetz vorgesehen, Ende Juni auslaufen. »Wenn die sehr erfreuliche Entwicklung der Infektionszahlen der letzten Wochen anhält, was wir alle hoffen, dann ist aus heutiger Sicht die Tendenz, diese Notbremse mit dem 30.6. auslaufen zu lassen«, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Das sei aber abhängig von der pandemischen Entwicklung.

Mit der im April verabschiedeten Notbremse wurden bundeseinheitliche Corona-Regelungen ins Infektionsschutzgesetz geschrieben, die auf Kreisebene greifen, wenn die Corona-Ansteckungszahlen bestimmte Werte überschreiten. Dazu zählen nächtliche Ausgangsbeschränkungen, Kontaktbeschränkungen, Beschränkungen für Sport, Freizeit und Handel oder Schulschließungen. Aufgehoben werden dürfen die Einschränkungen erst wieder bei mehrtägiger Unterschreitung der Schwellenwerte.

Die bundeseinheitlichen Regeln wurden allerdings im Infektionsschutzgesetz bis zum 30. Juni befristet. Käme es danach zu einem erneuten starken Anstieg der Corona-Zahlen, wären die Länder wieder selbst dafür zuständig, wie streng ihre Maßnahmen ausfallen.

+++ Frankreich mit Rekord-Haushaltsdefizit wegen Coronakrise +++

Paris. Wegen der Corona-Pandemie rechnet Frankreich im laufenden Jahr mit einem Rekorddefizit von 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire begründete dies am Montag im Fernsehsender France 2 mit den milliardenschweren Hilfen »zum Schutz der Wirtschaft«. Die EU-Defizitgrenze liegt normalerweise bei drei Prozent, der Stabilitätspakt ist wegen der Pandemie aber derzeit ausgesetzt. Paris wirbt mittelfristig für eine Änderung der Regeln.

Im Herbst hatte die Regierung in Paris die Neuverschuldung noch auf 8,5 Prozent des BIP beziffert. Doch ein Teil der Ausgaben sei auf das laufende Jahr verschoben worden, sagte Le Maire. Zudem schrumpfte die französische Wirtschaft im ersten Quartal um 0,1 Prozent statt wie erwartet zu wachsen. Frankreich ist damit erneut in der Rezession. Die Gesamtschuldenlast beziffert Haushaltsminister Olivier Dussopt in diesem Jahr auf 117,2 Prozent des BIP - das ist fast das Doppelte der normalerweise von der EU erlaubten 60 Prozent.

+++ 350.000 Long-Covid-Patienten in Deutschland +++

Berlin. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) geht davon aus, dass in Deutschland rund 350 000 Menschen an Spätfolgen einer Covid-Infektion leiden. Mittlerweile hätten rund 3,5 Millionen Menschen eine Infektion hinter sich. Schätzungsweise kämpfe jeder Zehnte mit Spätfolgen, sagte sie am Montag in Berlin. »Für Deutschland bedeutet dies, dass rund 350 000 Menschen mittlerweile betroffen sind. Ich finde das ist eine unglaublich hohe Zahl.«

Karliczek sprach von rund 50 verschiedenen und »sehr individuellen« Symptomen. Patienten hätten etwa wiederkehrende Kopfschmerzen, litten unter extremer Erschöpfung oder Konzentrationsschwierigkeiten und könnten nicht mehr zur Arbeit gehen. Experten sprechen vom »Post Covid Syndrom«, umgangssprachlich ist auch von »Long Covid« die Rede. Die genannten Spätfolgen können demnach unabhängig davon auftreten, ob jemand einen leichten oder schweren Krankheitsverlauf hatte. Für die weitere Erforschung stellt das Bundesforschungsministerium nach Karliczeks Angaben nun zunächst fünf Millionen Euro zur Verfügung. Das sei nur der erste Schritt, sagte sie.

+++ Viele Schulen kehren in Regelbetrieb zurück +++

Berlin. Aufgrund gesunkener Corona-Zahlen kehren am Montag die Schulen in mehreren Bundesländern in den Regelbetrieb zurück. In Nordrhein-Westfalen nehmen die Schulen den Präsenzunterricht in voller Klassenstärke wieder auf, und auch Länder wie Niedersachsen, das Saarland oder Hamburg verabschieden sich von Wechsel- und Distanzunterricht.

In Brandenburg gilt das zunächst nur für die Grundschulen. Einzige Ausnahme ist die Stadt Brandenburg/Havel, wo die Zahlen noch zu hoch sind. In einer Woche sollen auch die weiterführenden Schulen folgen. Die Masken- und Testpflicht gilt aber weiterhin. In Mecklenburg-Vorpommern, dem Land mit der bundesweit geringsten Inzidenz, sind die Schülerinnen und Schüler schon am vergangenen Donnerstag zum Präsenzunterricht in die Klassen zurückgekehrt.

+++ Mehr Kontrollen für Testzentren +++

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sieht einen Bedarf an mehr Kontrollen bei Anbietern von Corona-Tests. »Gerade bei den privaten Dienstleistern (...) braucht es offenkundig noch zusätzliche Kontrollen«, sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD-Sendung »Anne Will«. Aus Berlin heraus könne man die Testzentren nicht kontrollieren. Das sei nur durch die Gesundheitsämter vor Ort möglich. Darüber werde er auch am Montag mit den Gesundheitsministern der Länder sprechen.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass ein möglicher Abrechnungsbetrug bei Bürgertests immer weitere Kreise zieht. Bekannt wurden Verdachtsfälle in Nordrhein-Westfalen und Bayern.

+++ RKI registriert 1978 Neuinfektionen +++

Berlin. Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 1978 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das geht aus Zahlen vom Montagmorgen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.00 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 2682 Ansteckungen gelegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Montagmorgen mit bundesweit 35,1 an (Vortag: 35,2; Vorwoche: 62,5). Deutschlandweit wurden den Angaben nach binnen 24 Stunden 36 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 43 Tote gewesen.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von Sonntagnachmittag bei 0,75 (Vortag: 0,75). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 75 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen.

+++ Müller fordert gerechtere Impfstoffverteilung +++

Berlin. Entwicklungsminister Gerd Müller hat eine gerechtere Verteilung der Corona-Impfstoffe gefordert. In ganz Afrika seien erst weniger als zwei Prozent der Menschen geimpft. »Es kann nicht sein, dass einige reiche Länder sich vier oder gar acht Impfdosen pro Kopf sichern. Diese Überkapazität global gerecht zu verteilen ist der schnellste Weg, um so viele Menschen wie möglich zu impfen«, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Impfdosen sollten daher so schnell wie möglich auch Risikogruppen in Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden, so Müller. »Wir besiegen die Pandemie und ihre Folgen weltweit oder gar nicht.«

+++ China verzeichnet 20 neue Corona-Fälle +++

Peking. Mit 20 neuen lokalen Infektionen an einem Tag hat China die größte Zahl neuer Corona-Fälle seit Monaten verzeichnet. Wie die Nationale Gesundheitsbehörde am Montag mitteilte, wurden sämtliche Fälle in der südchinesischen Provinz Guangdong registriert, wo allein in der Provinzhauptstadt Guangzhou (Kanton) 18 neue Infektionen gemeldet wurden.

Nachdem dort bereits in den vergangenen Tagen Fälle aufgetreten waren, wiesen die Behörden Bewohner einiger Straßenzüge im Bezirk Liwan an, zu Hause zu bleiben. Zudem wurden Massentests durchgeführt. Menschen, die die Stadt per Flugzeug, Bus oder Bahn verlassen wollen, müssen einen negativen Covid-19-Test nachweisen.

China hat die Pandemie bereits seit dem vergangenen Jahr weitestgehend im Griff. Zwar kam es noch gelegentlich zu lokalen Ausbrüchen wie nun in Guangzhou, jedoch wurden diese schnell mit wieder unter Kontrolle gebracht.

Zuletzt hatten Staatsmedien berichtet, im Kampf gegen das Coronavirus seien 600 Millionen Impfdosen verabreicht worden seien. Demnach wurden zuletzt innerhalb von nur fünf Tagen 100 Millionen Menschen geimpft. Agenturen/nd

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