Pro reo

Verina Speckin / Die Anwältin hat die G8-Proteste unterstützt - und einen Preis dafür erhalten

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
Personalie: Pro reo

Verina Speckin ist seit 16 Jahren Rechtsanwältin in Rostock, schon lange in der SPD – und »dachte immer, dass unser Rechtsstaat eigentlich ganz gut funktioniert«. Bis sie sich bereit erklärte, Anfang Juni bei den G-8-Protesten in und bei Rostock ehrenamtlich das »Legal Team«, den Anwaltsnotdienst für Demonstranten, mit zu koordinieren. Was ihr in diesen Tagen an polizeilicher Willkür, Missachtung von Grund- und Verteidigerrechten begegnete, hat sie »wirklich tief entsetzt«, sagt die zierliche Verteidigerin.

Stellvertretend für die rund 100 Anwältinnen und Anwälte, die sich in diesen Tagen für die Wahrung von Grundrechten Inhaftierter einsetzten, hat Speckin am Samstag in Hamburg den jährlich vergebenen Rechtswahrer-Preis »pro reo« entgegengenommen. Hoffentlich muss man diese Entscheidung des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) nicht »mutig« nennen. Prägnant ist sie auf jeden Fall, denn der Rechtsnotdienst für Gipfelgegner wurde hauptsächlich vom linksliberalen »Republikanischen Anwaltsverein« (RAV) getragen. Der wiederum hatte sich seinerzeit im Zusammenhang der Prozesse gegen die RAF in scharfer Abgrenzung zum gesetzten DAV gegründet. Das Signal aus Hamburg möge in Berlin und Schwerin gehört werden: Man muss nicht links sein, um die staatliche Protestbekämpfung von Heiligendamm skandalös zu finden. Rechtsanwalt reicht.

Speckin selbst, Vorsitzende des Strafverteidigerverbandes von Mecklenburg-Vorpommern, gehört dem RAV nicht an. Das hinderte die 45-Jährige allerdings nicht, für die Kolleginnen und Kollegen aus dem ganzen Bundesgebiet erst als Pfadfinderin vor Ort Strukturen zu schaffen, vor Gefangenensammelstellen und in Gerichtssälen um das Selbstverständlichste zu kämpfen, um schließlich abends am Telefon um einen Überblick zu ringen. Während die Landesregierung den Gipfel in einem Atemzug mit dem Schweriner Vereinigungsfest als »Imagegewinn« feiert, ist der »unheimliche Spuk« für die gebürtige Bremerin noch längst nicht vorbei. Die Prozesswelle rollt gerade erst an. Es wird noch Monate dauern, bis sich »die intensivste Erfahrung« in Verina Speckins bisherigem Anwaltsleben setzen kann.

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