»Nichts grundlegend geändert«

15 Jahre nach dem Mord an Silvio Meier ist der Kampf gegen Nazis in Berlin nötiger denn je

Am Samstag um 16 Uhr startet eine Demonstration am Berliner U-Bahnhof Samariterstraße, wo der Antifaschist und Hausbesetzer Silvio Meier vor 15 Jahren von Neonazis getötet wurde.
Gedenk-Demo im vergangenen Jahr
Gedenk-Demo im vergangenen Jahr

»Fast jedes Wochenende hören wir von verbalen und tätlichen Übergriffen auf linke und migrantische Menschen«, berichtet Carlo von der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin (ARAB). Insofern habe sich an der Situation im links-alternativ geltenden Friedrichshain in den letzten Jahren nichts grundlegend geändert.

ARAB gehört zu einem Bündnis von 17 Gruppen, die in diesem Jahr die Silvio-Meier-Demonstration vorbereiten. In der Friedrichshainer Discothek Jeton würden Rechtsextremisten geduldet und diese könnten die »Location« nach ihren Übergriffen als Rückzugsraum nutzen, heißt es im Demo-Aufruf als Beispiel dafür, wie sehr Neonazis im Kiez präsent sind.

Ein inhaltlicher Bezugspunkt zu Silvio Meier seien Kämpfe um den Erhalt linksalternativer Wohn- und Kulturprojekte wie die Köpi in Kreuzberg oder Häuser in der Rigaer Straße in Friedrichshain. »Mit der Demonstration wollen wir auch gegenüber der Stadt und der Politik ein Zeichen setzen, dass wir uns unsere Freiräume nicht nehmen lassen und sie mit allen Mitteln verteidigen werden«, sagt Carlo entschlossen.

Am 21. November 1992 wurden Silvio Meier und seine drei Begleiter von Nazis angegriffen und zwei von ihnen lebensgefährlich verletzt. Silvio Meier starb an den Folgen mehrerer Messerstiche in der Brust. Die Justiz wertete den Mord als Schlägerei ohne politische Hintergründe. Nur drei der zwölf beteiligten Täter wurden zu geringen Haftstrafen verurteilt. Zum Todestag findet seitdem jährlich eine von antifaschistischen Gruppen organisierte Demonstration statt.

Silvio Meier, Mitte der 1960er in der DDR geboren, verweigerte den Militärdienst in der NVA, engagierte sich in Ostberlin in linken, oppositionellen Gruppen wie der »Kirche von Unten« (KvU), das ist die Berliner »Offene Arbeit«. Für deren Zeitschrift, den seinerzeit berühmten »mOAning star«, verfasste er lebendig geschriebene und herrschaftskritische Beiträge. Die KvU-Räume, die sie von einer Kirchengemeinde zu Verfügung gestellt bekamen, waren Anlaufstelle für viele Jugendliche, die sich unter anderem antifaschistisch organisierten.

Nach dem Fall der Mauer besetzte Silvio Meier mit Freunden im Dezember 1989 ein Haus in der Berlin-Friedrichshainer Schreinerstraße. In den darauffolgenden Monaten wuchsen mit der nationalistischen Stimmung auch die Übergriffe von Neonazis an. Sein Tod steht in einer Reihe mit zahlreichen weiteren faschistischen Brand- und Mordanschlägen in dieser Zeit.

www.silviomeier.tk

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