Eine zeitgemäße Idee

Rückblick auf die Fusion des Jahres 2007: DIE LINKE

Ein Gemeinplatz im Feuilleton: Die neue LINKE wird für die Sprengung des westdeutschen Vier-Parteien-Systems geadelt. Die Bundesrepublik ist indes nur in der europäischen Normalität angekommen. Die westeuropäischen Nachkriegsparteiensysteme beruhten im Wesentlichen auf denen der 20er Jahre: Christliche Konservative, Liberale, Sozialdemokraten. Nach dem Auseinanderbrechen der II. Internationale kamen Sozialisten und Kommunisten links der Sozialdemokratie dazu. In den 80ern ergänzten ökologische Parteien das Spektrum. Nur in Westdeutschland gab es keine Partei links der SPD, die politisch entscheidend eingreifen konnte, bedingt durch die Fünf-Prozent-Klausel und das System der Parteienfinanzierung. Wie konnte es gelingen, jene Hürden erfolgreich zu nehmen?

Die Autoren um den renommierten Göttinger Parteienforscher Franz Walter stellten sich diese und andere Fragen. Ihre Antworten überzeugen. Tim Spier und Oliver Nachtwey machen den Wandel im Gerechtigkeitsbegriff der SPD zum Angelpunkt ihrer programmatischen Einleitung. Die alte Sozialdemokratie stand seit dem Revisionismusstreit für eine ausgleichende Gerechtigkeit. Mittels des Steuersystems und sozialstaatlicher Leistungen wird umverteilt, um schlechtere Voraussetzungen qua Herkunft auszugleichen und Gerechtigkeit im Ergebnis zu schaffen. Die neue SPD dagegen versteht unter Gerechtigkeit nur mehr eine Chancengleichheit genannte Gleichheit der Zugangschancen zu Märkten. Von den unterschiedlichen Voraussetzungen und den sich daraus reproduzierenden Benachteiligungen wird abgesehen und stattdessen eine Gerechtigkeit im Verfahren angeboten. Das Soziale wird in den Dienst des Marktes gestellt. Im Arbeitsleben wird so die existentiell bedroh...


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